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Antikörper bremst Alzheimer-Demenz

Antikörper bremst Alzheimer-Demenz

Neuer Wirkstoff Donanemab verlangsamt geistigen Abbau um im Schnitt 35 Prozent

Gegen die Demenz: Ein weiteres Antikörper-Präparat hat sich in einer klinischen Studie der Phase 3 als wirksam gegen Alzheimer erwiesen. Der Wirkstoff Donanemab verlangsamte das Fortschreiten der Demenz bei Patienten im Frühstadium der Erkrankung um im Schnitt 35 Prozent – dies ist die bisher stärkste Wirkung eines Alzheimer-Präparats. Der Antikörper setzt an den Beta-Amyloid-Plaques an und löst sie auf. Allerdings hat das von der US-Pharmafirma Ely Lilly entwickelte Mittel erhebliche Nebenwirkungen, drei Studienteilnehmer starben daran.

Alzheimer ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung im Alter, doch bisher ist diese fortschreitende Demenz nicht heilbar. Noch bevor die ersten Symptome erkennbar sind, reichern sich im Gehirn der Betroffenen fehlgefaltete Amyloid-Beta- und Tau-Proteine an. Sie gelten als Auslöser für den Niedergang der Hirnzellen und die fortschreitenden geistigen Ausfälle – und als vielversprechende Ansatzstelle für eine Therapie.

 

Amyloid-Plaques
Fehlgefaltete und verklumpte Amyloid-Beta-Proteine sind ein Merkmal von Alzheimer. Die Antikörpertherapien zielen auf eine Reduktion dieser Plaques. © National Institute on Aging/ NIH

Eine aktuelle Strategie gegen Alzheimer sind monoklonale Antikörper, die gezielt an den Amyloid-Plaques ansetzen und sie auflösen oder ihre Bildung hemmen. Ende 2022 machte das Antikörper-Präparat LecanemabSchlagzeilen, weil es erstmals nicht nur die Plaques reduzierte, sondern auch das Fortschreiten der Demenz um im Schnitt 27 Prozent verlangsamte.

Wie Donanemab wirkt

Jetzt hat der US-Pharmakonzern Ely Lilly einen weiteren Antikörper gegen Alzheimer vorgestellt, der in einer klinischen Studie der Phase 3 sogar noch stärkere Wirkung zeigte. Der Wirkstoff Donanemab wirkt ähnlich wie seine Vorgänger Lecanemab, Aducanumab oder Gantenerumab auf die Amyloid-Plaques, setzt aber an anderer Stelle an: Donanemab zielt auf ein bestimmtes Proteinfragment, das sogenannte Pyroglutamat Amyloid Beta (pyroGluAβ). Dieses bildet in Gegenwart von Tau-Proteinen im Gehirn von Alzheimer-Patienten besonders giftige und zellschädigende Molekülklumpen.

In der aktuellen klinischen Studie erhielten 1.736 Testpersonen mit Alzheimer im frühen Stadium den Antikörper als monatliche Infusion über 18 Monate hinweg. 1.182 dieser Patienten hatten erste Anzeichen einer Demenz und Nachweisbare Amyloid-Plaques im Gehirn, 552 weitere Patienten waren ebenfalls im früheren Stadium, wiesen aber eine besonders hohe Dichte von fehlgefalteten Tau-Proteinen im Gehirn auf, was als Anzeichen für eine besonders schnell fortschreitende Demenz gilt. Jeweils die Hälfte der Studienteilnehmer erhielt ein Placebo, die andere das Antikörper-Präparat.

Alle Testpersonen wurden vor Beginn der Behandlung und danach mittels Hirnscans auf Amyloid-Plaques im Gehirn untersucht und absolvierten eine Batterie von Tests ihrer geistigen und alltagsrelevanten Fähigkeiten.

Demenz um 35 Prozent verlangsamt

Das Ergebnis: Die Antikörper-Therapie mit Donanemab verringerte die Amyloid-Plaques im Gehirn der Probanden deutlich, bei 71 Prozent von ihnen waren nach zwölf Monaten nur noch normale Plaques-Werte nachweisbar. Das Fortschreiten der Demenz wurde dadurch um im Schnitt 29 Prozent gegenüber der Placebogruppe verlangsamt. Noch ausgeprägter war die Wirkung in der größeren Gruppe der Alzheimer-Patienten ohne ausgeprägte Tau-Ansammlungen: Im Schnitt verlangsamte sich ihr Demenzfortschritt um 35 Prozent.

Ebenfalls positiv: Die Fähigkeit der Betroffenen, ihren Alltag zu bewältigen und alltägliche Aufgaben noch selbstständig zu erledigen, blieb ebenfalls länger stabil. Hier verlangsamte sich der Abbau um 40 Prozent gegenüber den Testpatienten der Kontrollgruppe. Insgesamt zeigt Donanemab damit eine etwas stärkere Wirkung als Lecanemab. „Es ist die erste Phase-3-Studie eines Alzheimer-Wirkstoffs, die eine 35-prozentige Verlangsamung des klinischen und funktionellen Abbaus zeigt“, sagt Daniel Skovronsky von den Lilly Research Laboratories.

Drei Todesfälle durch Nebenwirkungen

Allerdings: Wie andere Antikörper-Präparate gegen Alzheimer hat auch Donanemab erhebliche Nebenwirkungen. Das Mittel verursachte bei einem Drittel der Probanden Hirnschwellungen, Hirnödeme und Mikroblutungen im Gehirn. Diese lösten nach Angaben von Ely Lilly bei den meisten Betroffenen milde bis mittlere Beschwerden wie Kopfschmerzen aus. Bei drei Testpersonen waren diese Nebenwirkungen aber so schwer, dass die Patienten daran starben.

„Wir sind durch die potenziellen Vorteile von Donanemab ermutigt, aber wie viele effektive Behandlungen für schwere und tödliche Krankheiten ist diese Therapie mit Risiken verbunden, die schwerwiegend und potenziell lebensbedrohlich sein können“ sagt Mark Mintun von Ely Lilly. Dennoch plant das Pharmaunternehmen angesichts der deutlichen Wirkung ihres Antikörperpräparats, in Kürze einen Antrag auf Zulassung von Donanemab bei der US-Arzneimittelbehörde FDA einzureichen.

Die kompletten Daten und Ergebnisse der klinischen Studie sollen im Juli auf einer Konferenz vorgestellt werden und wurden bereits bei einem Fachjournal eingereicht.

„Kein Gamechanger, aber Schritt in die richtige Richtung“

Als durchaus hoffnungsvoll bewerten auch viele Neurowissenschaftler die Ergebnisse der Studie: „Donanemab ist nun der zweite anti-Amyloid-Beta-Antikörper, der ganz klar den Gedächtnisverlust verlangsamt“, kommentiert Christian Haass vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München. „Sicherlich ist mit Blick auf die Nebenwirkungen und eine bessere Wirksamkeit der Therapie noch vieles zu verbessern, aber die Reduzierung von Amyloid ist damit sicherlich der richtige Ansatz, um die Krankheit zumindest zu verlangsamen.“

Ähnlich sieht es Linda Thienpont, wissenschaftliche Leiterin der Alzheimer Forschung Initiative: „Auch Donanemab ist leider kein Gamechanger für die Betroffenen, aber möglicherweise ein nächster Schritt in die richtige Richtung. Es kann die Alzheimer-Krankheit weder heilen noch stoppen, aber zumindest den kognitiven Abbau verlangsamen.“ Allerdings sei diese Wirkung teuer erkauft. Hin zu kommt, dass die Antikörper-Mittel nur im frühen Stadium wirken, solange das Gehirn noch nicht zu stark geschädigt ist.

Quelle: Ely Lilly, Science Media Center