Zahl der Infektionen mit dem krankmachenden Pilz Candida auris steigt
Pathogene Pilzinfektion: Der krankmachende und gegen viele Gegenmittel resistente Pilz Candida auris breitet sich weiter aus. Er kann vor allem für immungeschwächte Menschen tödlich sein. Cadida auris wurde inzwischen von der CDC und der Weltgesundheitsorganisation WHO als „dringliche Bedrohung“ unter den multiresistenten Erregern eingestuft. Auch in Deutschland gibt es inzwischen erste Fälle und Übertragungen, wenn auch noch in relativ geringer Zahl, wie Analyse ergeben haben. Dennoch steigen auch bei uns die Fallzahlen an.
Der zu den Hefepilzen zählende Erreger Candida auris wurde erst 2009 entdeckt – er trat scheinbar aus dem Nichts auf und breitet sich seither immer weiter aus. Eine Infektion mit dieser Pilzart kann vor allem bei immungeschwächten Menschen zur einer Art Blutvergiftung und schweren Organschäden führen. Bei solchen Patienten kann die Todesrate bei mehr als 30 Prozent liegen, auch weil der Pilz gegen viele gängige Antimykotika resistent ist.
Gesunde Menschen können eine Infektion mit Candida auris dagegen meist abwehren, weshalb dieser
Erreger vor allem bei Ausbrüchen in Krankenhäusern oder Pflegeheimen zur Bedrohung wird. Dort kann sich der Pilz schnell ausbreiten, weil er anders als andere pathogene Pilzarten auch von Mensch zu Menschen übertragen werden kann.
CDC: „Urgent Threat“
Weltweit wurden inzwischen zahlreiche solche Ausbrüche gemeldet, darunter in Großbritannien, Spanien und Italien. Eine dramatische Zunahme der Fälle gab es im Frühjahr 2023 auch in den USA. Die US-Seuchenbehörde CDC stuft Candida auris deshalb als „urgent Threat“ unter den multiresistenten Krankheitserregern ein – die höchste Gefahrenkategorie. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Pilzart als einen von nur vier Erregern in die höchste Prioritätsstufe eingeordnet.
Doch wie sieht es in Deutschland aus? Das haben Alexander Aldejohann von der Universität Würzburg und seine Kollegen jetzt ermittelt. Dafür werteten sie Daten vom Nationalen Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) und dem Robert Koch-Institut (RKI) aus. SIe erfassten und untersuchten alle Fälle von Candida-auris-Infektionen, die in Deutschland bis zum 31.12.2022 bekannt waren.
Fallzahlen in Deutschland niedrig – aber Tendenz steigend
Das Ergebnis: Noch sind die Fallzahlen in Deutschland niedrig – insgesamt waren nur 43 Infektionen mit Candida auris bekannt. In 16 dieser Fälle verlief die Pilzinfektion so schwer, dass eine Behandlung nötig wurde, in acht Fällen hatte der Pilz bereits den Blutkreislauf befallen. „Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien oder Großbritannien sind die Fallzahlen bei uns zum Glück noch niedrig“, sagt Aldejohann. „Wir müssen jedoch alles dafür tun, dass das so lange wie möglich so bleibt.“
Trotz der insgesamt wenigen Infektionen hat die Zahl der Candida-auris-Infektionen in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen. Mindestens dreimal kam es dabei zu einer nosokomialen Übertragung – einer Ansteckung in der Arztpraxis oder dem Krankenhaus. Zudem waren 80 Prozent der von Patienten in Deutschland isolierten Pilzstämme hochresistent gegenüber dem gängigen Antipilzmittel Fluconazol. Ein Pilzisolat hatte bereits eine Resistenz gegen das neue Antimykotikum Echinocandin entwickelt. „Unsere Erfahrung zeigt, dass jede Infektion mit Candida auris schwer zu behandeln und für Patienten potenziell lebensbedrohlich ist“, sagt Aldejohann.
Akuter Handlungsbedarf
Nach Ansicht der Wissenschaftler sind die steigenden Infektionszahlen und die ersten Mensch-zu-Mensch-Übertragungen ein Alarmsignal. Sie raten trotz noch niedriger Fallzahlen zu Vorsichtsmaßnahmen – auch, weil die Dunkelziffer vermutlich relativ hoch ist. „Angesichts der Tatsache, dass wir auch bereits erste Übertragungsereignisse in Deutschland finden, habe ich dem Robert-Koch-Institut die Einführung einer gesetzlichen Labormeldepflicht für den Nachweis von Candida auris empfohlen“, sagt Koautor Oliver Kurzai von der Universität Würzburg.
„Das ist aus meiner Sicht mit vertretbarem Aufwand umzusetzen und würde neben einer genauen Erfassung der Epidemiologie ermöglichen, bei Nachweisen frühzeitig Infektionsschutzmaßnahmen einzuleiten“, so der Mikrobiologe weiter. (Deutsches Ärzteblatt, 2023; doi: 10.3238/arztebl.m2023.0047)
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg