Studie zeigt einen drastischen Anstieg der weltweiten Krebsfälle bei unter 50-Jährigen
Krebs ist keine Krankheit des Alters mehr: In den letzten 30 Jahren hat die Zahl der Krebsfälle bei Menschen unter 50 Jahren um 79 Prozent zugenommen, wie eine Studie enthüllt. Am häufigsten erkranken jüngere Menschen dabei an Brustkrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs, aber auch Prostatakrebs und Nasen-Rachenkrebs haben rasant zugenommen. Zudem sterben immer mehr Menschen in mittleren Alter an einer Tumorerkrankung. Überraschend daran: Verantwortlich dafür sind Krebsarten, die früher fast nur bei älteren Menschen auftraten.
Je älter wir werden, desto höher ist das Risiko, an Krebs zu erkranken – eigentlich. Denn die biologischen Mechanismen, die Mutationen, DNA-Schäden reparieren und entartete Zellen ausmerzen, funktionieren mit dem Alter immer schlechter. Weil viele Krebsarten deshalb erst in höherem Lebensalter auftreten, setzen gängige Früherkennungs-Maßnahmen oft erst bei über 50-Jährigen oder sogar noch später an.
Doch die Vorstellung von Krebs als Alterserkrankung scheinen überholt, wie nun eine globale Erhebung zeigt. In ihr hat ein internationales Team um Jianhui Zhao von der chinesischen Zhejiang Universität die Entwicklung von 29 Krebsarten bei unter 50-Jährigen ausgewertet. Die Daten stammen aus 204 Ländern und decken den Zeitraum von 1990 bis 2019 ab.
Immer mehr Krebsfälle, mehr Tote
Das Ergebnis: Die Zahl der Krebsfälle bei Menschen unter 50 Jahren ist in den letzten 30 Jahren deutlich angestiegen – weltweit um 79 Prozent. Besonders deutlich zeigt sich diese Zunahme in der Altersgruppe von 40 bis 49 Jahren, wie Zhao und sein Team ermittelten. Die Zahl der krebsbedingten Todesfälle ist seit 1990 um 27,7 Prozent angestiegen. Dadurch starben allein im Jahr 2019 weltweit mehr als eine Million Menschen unter 50 Jahren an einer Krebserkrankung.
Am häufigsten unter den früheinsetzenden Krebsarten sind der Studie zufolge Brustkrebs, Bronchial- und Lungenkrebs sowie Darmkrebs, wie die Forschenden ermittelten. Auf Konto dieser Krebsarten gehen auch die meisten Todesfälle von unter 50-Jährigen. Die schnellste Zunahme gab es dagegen bei Nasen-Rachenkrebs und Prostatakrebs, deren Häufigkeit in der jüngeren Altersgruppe seit 1990 um jeweils rund 2,3 Prozent gestiegen ist.
„Diese Ergebnisse widerlegen die gängigen Vorstellung darüber, welche Krebsarten bei jüngeren Menschen zu erwarten sind“, kommentieren Ashleigh Hamilton und Helen Coleman von der Queen’s University Belfast. Hier müsse auch bei der Früherkennung und Diagnose umgedacht werden, so die nicht an der Studie beteiligten Medizinerinnen.
Westliche Industrieländer am stärksten betroffen
Es gibt allerdings deutliche regionale Unterschiede: Besonders stark betroffen sind der Studie zufolge unter 50-Jährige in den westlichen Industrieländern. In Nordamerika liegt die Häufigkeit solcher Krebsfälle inzwischen bei 273 von 100.000, in Westeuropa und Australien sind zwischen 120 und 250 pro 100.000 unter 50-Jährige betroffen, wie Zhao und seine Kollegen berichten. Aber auch in Regionen mit mittlerem Durchschnittseinkommen wie Osteuropa, Ozeanien oder Zentralasien steigen die Fallzahlen.
Aber warum? Eigentlich galten die jetzt vermehrt bei Jüngeren auftretenden Krebsarten bisher als klassische Alterskrankheiten. Doch das stimmt offensichtlich nicht mehr. Auf der Suche nach möglichen Gründen für diese Vorverlagerungen so vieler Krebsfälle haben Zhao und sein Team einige gängige Risikofaktoren näher untersucht.
Lebensweise als Haupt-Risikofaktor
Dabei zeigte sich: Neben genetischen Faktoren und Umweltbelastungen spielt wahrscheinlich die Lebensweise eine entscheidende Rolle. „Risikofaktoren der Ernährung, wie rotes Fleisch, viel Salz, wenig Obst, Gemüse und Milch, aber auch Alkoholkonsum und Rauchen sind die Hauptfaktoren hinter den früh einsetzenden Krebsfällen“, berichten die Forschenden. Auch mit Übergewicht und einem erhöhten Blutzuckergehalt gab es deutliche Zusammenhänge.
Nach Ansicht des Teams könnte daher zumindest ein Teil dieser Krebsfälle durch eine gesündere Lebensweise zumindest verzögert, wenn nicht sogar vermieden werden. Um den Trend zu brechen, ist jedoch auch mehr Aufklärung und eine bessere Früherkennung wichtig, wie Hamilton und Coleman betonen. „Wir brachen dringend mehr Prävention und Früherkennungsmaßnahmen für solche früh einsetzenden Krebsfälle“, schreiben sie. Auch die Krebstherapien müssten für jüngere Patienten angepasst werden. (BMJ Oncology, 2023; doi: 10.1136/bmjonc-2023-000049)
Quelle: BMJ