Mit der Reihe „Meinungsmonitor Entwicklungspolitik“ untersucht das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) in regelmäßigen Abständen die öffentliche Meinung der Bevölkerung in Deutschland zur Entwicklungspolitik. Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen, dass die Unterstützung für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit abnimmt. Ein Grund hierfür ist die angespannte Wirtschaftslage in Deutschland. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Begriff „feministische Entwicklungspolitik“ eine polarisierende Wirkung haben kann.
Entwicklungszusammenarbeit verliert an Zustimmung
Die deutsche Entwicklungspolitik ist durch multiple globale Krisen und mangelnden Fortschritt bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen gefordert wie selten zuvor. Gleichzeitig ist die Unterstützung für Entwicklungszusammenarbeit seit Anfang 2022 rückläufig. Nur 47 Prozent der Befragten befürworteten im Januar 2024 gleichbleibende oder erhöhte Ausgaben – ein Rückgang um 21 Prozentpunkte gegenüber 2022.
Ein Grund hierfür ist die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 und den damit verbundenen Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel bewerten die Befragten die künftige persönliche und nationale wirtschaftliche Lage negativer. Zwar zeigen sie im Durchschnitt ein hohes Maß an Unterstützung für internationales Engagement in Notsituationen, etwa im Hinblick auf die Ukraine. Auf die Zustimmung zur Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen hat die angespannte Haushaltslage jedoch einen negativen Einfluss. Im Vergleich zu anderen Politikfeldern werden hier am ehesten Möglichkeiten für Kürzungen gesehen.
Verbesserungsbedarf bei der Kommunikation entwicklungspolitischer Themen
„Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe erhalten aktuell eine hohe mediale Aufmerksamkeit“, so DEval-Direktor Prof. Dr. Jörg Faust. „Einerseits hat dies das Potenzial, mehr Raum für eine sachliche Auseinandersetzung mit einer wichtigen Thematik zu schaffen, andererseits birgt es die Gefahr einer zunehmend populistischen Debatte. Oftmals werden Einzelprojekte unvollständig dargestellt und von diesen auf die gesamte Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit von Entwicklungszusammenarbeit geschlossen.“
„Das ist gerade angesichts vergleichsweise geringer Kenntnisse der Bevölkerung in diesem Politikfeld problematisch“, so Jörg Faust weiter. Denn nur ein Drittel der Befragten gibt an, über Entwicklungspolitik gut informiert zu sein, obwohl die Mehrheit ein grundsätzliches Interesse am Thema äußert (57 Prozent) und ein Großteil eine positive, wenn auch nur wenig gefestigte Einstellung zur Entwicklungszusammenarbeit zeigt.
Hier sollten entwicklungspolitische Akteure ansetzen die Kommunikation mit der Bevölkerung zu suchen und dabei vor allem die Fragen zu beantworten, welche Maßnahmen die deutsche Entwicklungszusammenarbeit warum durchführt und welche Wirkung diese zeigen.
Feministische Entwicklungspolitik könnte polarisierte Debatte verschärfen
Die Bundesregierung hat 2021 eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik als Leitbild formuliert und damit neue Schwerpunkte gesetzt. Während im Januar 2023 noch 59 Prozent der Befragten die feministische Entwicklungspolitik unterstützten, ist diese Zustimmung im Januar 2024 auf 52 Prozent gesunken. Verglichen mit anderen Schwerpunktsetzungen, wie menschenrechtsbasierter oder friedensfördernder Entwicklungspolitik, befürworten die Befragten feministische Entwicklungspolitik weniger, obwohl sie die wesentlichen Inhalte, etwa die Stärkung der Rechte von Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen, gutheißen.
„Die Verwendung des Labels ,feministisch‘ für Entwicklungspolitik führt zu größeren Unterschieden in der Unterstützung zwischen Anhänger*innen verschiedener Parteien, als wenn dieselben feministischen Inhalte ohne diese Bezeichnung präsentiert werden“, so Evaluatorin Dr. Alexandra Gödderz. „In Anbetracht der möglichen polarisierenden Wirkung des Begriffs ,feministische Entwicklungspolitik‘ sollte daher sorgfältig abgewogen werden, ob und wie er eingesetzt wird.“
Datengrundlage
Die Studie nutzt ein breites Spektrum an Umfragedaten, die 2023 und 2024 erhoben wurden. Zusätzlich werden Sekundärdaten des Aid Attitudes Tracker (AAT) und des Development Engagement Lab (DEL) seit 2013 ausgewertet und Zeitreihen relevanter Einstellungsindikatoren fortgeschrieben.
Der vollständige Bericht „Meinungsmonitor Entwicklungspolitik 2024. Öffentliche Unterstützung und Kritik im Kontext multipler Krisen und neuer Leitbilder“ ist auf der Webseite des DEval abrufbar.
Über das DEval
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) ist vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unabhängig und nachvollziehbar zu analysieren und zu bewerten. Mit seinen strategischen und wissenschaftlich fundierten Evaluierungen trägt das Institut dazu bei, die Entscheidungsgrundlage für eine wirksame Gestaltung des Politikfeldes zu verbessern und Ergebnisse der Entwicklungszusammenarbeit transparenter zu machen. Das Institut gehört zu den Ressortforschungseinrichtungen des Bundes und wird von Prof. Dr. Jörg Faust geleitet.
Originalpublikation:
https://www.deval.org/fileadmin/Redaktion/PDF/05-Publikationen/Berichte/2024_Memo_4/DEval_Memo2024_Web.pdf