Spektakuläre Fälle wie die des deutschen Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi zeigen: Die Fälschung von historischen Gemälden ist ein lukratives Geschäft. Forscher haben nun ein Verfahren entwickelt, mit denen solche Betrüger künftig leichter überführt werden können. Ihre Methode beruht auf der Radiokarbondatierung und hat einen entscheidenden Vorteil: Sie erkennt eine Fälschung selbst dann, wenn ihr Urheber zur Tarnung eine alte Leinwand und alte Farben verwendet hat. Den Praxistest hat das neue Verfahren bereits bestanden.
Schon in der Antike fälschten talentierte Betrüger Bilder. Doch mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Kunstmarktes ist die Täuschung inzwischen zu einem regelrechten Geschäftsmodell geworden. Damit wächst auch das Interesse an wirksamen Strategien, um Kunstfälschungen zweifelsfrei nachweisen zu können. Am einfachsten lässt sich ein Schwindel durch den Beleg aufdecken, dass die verwendeten Materialien jünger sind als das angebliche Entstehungsdatum des Gemäldes. Doch moderne Kunstfälscher sind gewieft: Sie verwenden oftmals alte Materialien, um die Illusion perfekt zu machen. Der berüchtigte Han Van Meegeren, der sich auf das Fälschen von Vermeer-Bildern spezialisiert hatte, war zum Beispiel bekannt dafür, die Farbe älterer Gemälde abzuschaben und wiederzuverwenden. Auch der 2011 verurteilte Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi kaufte Rahmen, Leinwände und Co auf Antikmärkten ein, um seine Fälschungen besser zu kaschieren.
Bindemittel im Fokus
Laura Hendriks von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und ihre Kollegen haben nun aber ein Verfahren entwickelt, mit dem selbst solche Kunstfälschungen entlarvt werden können. Es basiert im Prinzip auf einer altbekannten Methode: der Radiokarbon- oder C14-Datierung. Bei dieser Datierungsmethode nutzen Forscher die Tatsache, dass das Kohlenstoff-Isotop C14 nach einer feststehenden Gesetzmäßigkeit zerfällt. Bestimmt man das Verhältnis von C12- und C14-Atomen und vergleicht das Ergebnis mit Referenzwerten, lässt sich das Alter der Probe bestimmen. Hendriks und ihr Team nutzten für ihr Verfahren nun etwas Entscheidendes aus: Auch wenn ein Fälscher zur Tarnung alte Farbpartikel verwendet, muss er sie mit einem neuen Bindemittel mischen. „Die Idee, moderne Fälschungen anhand des Bindemittels zu identifizieren, krankte bisher daran, dass dafür relativ große Probenmengen nötig waren“, erklären die Wissenschaftler. „Dank neuer Entwicklungen reicht nun jedoch die Entnahme von Mikroproben aus, die das Kunstwerk nicht zerstört.“
Ob das Bindemittel den Schwindel tatsächlich verraten kann, überprüfte das Forscherteam an einem bekannten Fall: Der Fälscher Robert Trotter malte ein Gemälde im amerikanischen primitiven Volkskunststil, signierte es mit „Sarah Honn“ und datierte es auf den 5. Mai 1866. In einem Prozess gab er später zu, diese Fälschung 1985 gemalt zu haben. Für ihren Test analysierten Hendriks und ihre Kollegen die Farbe auf der Leinwand und konnten Pigmente in einem Bindemittel identifizieren. Um die Farbe zu datieren, entnahmen sie eine Probe von weniger als 200 Mikrogramm und entfernten dann die obere Lackschicht. Anschließend reinigten sie die Probe mithilfe chemischer Verfahren weiter auf, sodass nur noch wenige Mikrogramm reinen Kohlenstoffs übrigblieben, der sich anschließend mithilfe der C14-Methode analysieren ließ. Zusätzlich datierten die Forscher auch eine Leinwandfaser des Gemäldes.
Verräterische Datierung
Die Ergebnisse zeigten: Das Alter der Leinwand passt zwar zur angeblichen Entstehung im 19. Jahrhundert. Die Datierung der Farbe jedoch deckt die Fälschung auf. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass das für die Bindung der Pigmente verwendete Öl einen Überschuss von C14-Isotopen enthält, der charakteristisch für das 20. Jahrhundert ist. Wie sie berichten, stieg durch Kernwaffentests die C14-Konzentration in der Atmosphäre ab Mitte des Jahrhunderts enorm an – Proben aus dieser Zeit lassen sich deshalb besonders genau datieren. Konkret ergaben die Analysen: Die Samen, aus denen das Öl für das Bindemittel gewonnen wurde, müssen zwischen 1958 und 1961 oder zwischen 1983 und 1989 geerntet worden sein. „Die Datierung des Bindemittels liefert einen eindeutigen Beweis dafür, dass das Bild nach 1950 auf alter Leinwand produziert wurde“, resümieren die Forscher. „Anhand dieses alten Falls können wir nun zeigen, dass unsere Methode wirklich funktioniert.“
Ob mit dem neuen Verfahren künftig routinemäßig Fälscher überführt werden können, ist Hendriks und ihren Kollegen zufolge allerdings noch unklar. Denn zum einen ist die Methode recht aufwändig und kostspielig. Zum anderen dürfte es nicht immer einfach sein, eine geeignete Stelle für die Probennahme zu finden – vor allem, wenn die farbliche Komposition des Gemäldes sehr komplex ist und aus vielen unterschiedlichen Schichten besteht oder das Bild bereits mehrfach restauriert wurde. „Dennoch dürfte das neue Verfahren in der Kunstwelt auf großes Interesse stoßen, wenn es darum geht, die Echtheit von berühmten Gemälden zuverlässig nachzuweisen“, so das Fazit des Teams in einer Mitteilung.