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Neue Freundschaften: Der Geruch entscheidet

Neue Freundschaften: Der Geruch entscheidet

Ob wir jemanden gut riechen können, entscheidet auch über platonische Beziehungen

Freundschaft geht durch die Nase: Ob wir uns mit jemandem anfreunden, hängt auch von dessen Geruch ab, wie ein Experiment belegt. Bei diesem wählten Frauen zunächst allein anhand einer anonymen Geruchsprobe eine potenziell geeignete Freundin – und entschieden sich dann auch im Gespräch unwissentlich für dieselben Kandidatinnen. Das bestätigt, dass der individuelle Duft auch bei Sozialkontakten jenseits der romantischen Partnerschaft eine wichtige Rolle spielt.

Freundschaften sind entscheidend für unsere körperliche und geistige Gesundheit. So können gute Freunde zum Beispiel unseren Stress reduzieren und unser Risiko für Infektionen und verschiedene Erkrankungen senken. Schlechte Freunde hingegen können genau das Gegenteil bewirken. Die Entscheidung darüber, mit wem wir Freundschaft schließen, hat somit mitunter weitreichende Folgen für unser Leben.

Schnuppern für die Wissenschaft

Mit wem wir uns anfreunden, entscheiden wir aber nicht nur bewusst, sondern auch unterbewusst. Unter anderem der Geruch des anderen spielt eine wichtige Rolle, wie Forschende um Jessica Gaby von der Middle Tennessee State University jetzt bei einer Art Geruchs-Speeddating herausgefunden haben.

Dafür ließen sie 40 heterosexuelle Frauen zwischen 18 und 30 Jahren zwölf Stunden lang ein T-Shirt tragen und dann anonym die T-Shirts der anderen Teilnehmerinnen beschnuppern. Allein anhand des Geruchs sollten die Frauen dann beurteilen, ob sie mit der jeweiligen Person Zeit verbringen, sich mit ihr anfreunden oder sie in Zukunft meiden möchten.

Im Anschluss daran begegneten sich die Teilnehmerinnen erstmals auch persönlich und konnten jeweils vier Minuten lang in Zweierpaaren miteinander reden – allerdings ohne zu wissen, wem welches der beschnupperten T-Shirts gehörte. Danach wurden sie erneut gefragt, mit wem sie am ehesten Freundschaft schließen würden. Doch würden sich die Frauen tatsächlich mit denselben Personen anfreunden wollen, die sie zuvor allein aufgrund ihres Geruchs als potenzielle Freundinnen eingeschätzt hatten?

Die Nase redet mit

Es zeigte sich: Hatte eine Teilnehmerin schon aufgrund des T-Shirt-Geruchs eine Frau als potenzielle Freundin eingestuft, dann bestätigte sich diese „blinde“ Einschätzung meist nach einem vierminütigen persönlichen Gespräch. Das galt auch in umgekehrter Reihenfolge: Frauen, die sich beim Gespräch sympathisch fanden, mochte bei einer zweiten anonymen T-Shirt-Schnupperrunde im Anschluss auch den Geruch der Freundin in spe, wie die Forschenden berichten.

Bislang war der Zusammenhang zwischen Geruch und zwischenmenschlicher Kompatibilität vor allem aus romantischen Beziehungen bekannt. Doch nun ist klar, dass es auch bei rein platonischen Beziehungen geruchlich passen muss. „Menschen nehmen viel wahr, wenn sie sich persönlich treffen. Doch der Geruch, den Menschen auf einer gewissen Ebene wahrnehmen, – wenn auch wahrscheinlich nicht bewusst – sagt voraus, ob man diese Person letztendlich mag“, erklärt Seniorautorin Vivian Zayas von der Cornell University.

Wieso ist der Geruch so wichtig?

Aber warum ist das so? In früheren Studien hat sich gezeigt, dass Freunde sich nicht nur charakterlich, sondern häufig auch genetisch sehr ähnlich sind. Da die Genetik wiederum den eigenen Körpergeruch mitbestimmt, könnte dieser als Indikator für unser Gehirn dienen, möglichst gut zu uns passende Freunde auszuwählen, vermuten die Forschenden.

Doch in der neuen Studie könnte noch ein zweiter Aspekt eine entscheidende Rolle gespielt haben. Gaby und ihre Kollegen „bereinigten“ den in den T-Shirts gesammelten Geruch anders als in den meisten anderen Studien zum Thema nicht. Was die Teilnehmerinnen rochen, war somit nicht nur der isolierte, natürliche Körpergeruch der anderen, sondern gewissermaßen auch deren Alltag und Lebensstil, der sich geruchlich im Stoff der T-Shirts festgesetzt hatte. Man spricht auch vom sogenannten diplomatischen Geruch.

Geruch verrät Lebensstil

„Es geht nicht nur um Parfüm“, erklärt Gaby. „Es geht um Ihre Ernährungsgewohnheiten. Sind Sie ein Katzen- oder ein Hundeliebhaber? Welches Waschmittel verwenden Sie? All diese Einschätzungen fließen in das ein, was wir ‚diplomatischen Geruch‘ nennen. Sie leben in diesem Geruchsraum – passt er zu den Geruchsräumen der Menschen, mit denen Sie interagieren?“

Unterbewusst verrät uns der Geruch einer anderen Person somit auch mehr über ihre Gewohnheiten und Vorlieben – entscheidende Faktoren, wenn es darum geht, mit jemandem Freundschaft zu schließen. (Scientific Reports, 2025; doi: 10.1038/s41598-025-94350-1)

Quelle: Cornell University, Cornell Chronicle