Bis zu 55 Prozent der Covid-19-Patienten leiden auch zwei Jahre später noch unter Symptomen
Anhaltende Folgen: Gut die Hälfte der Covid-19-Patienten hat auch zwei Jahre später noch mit Spätfolgen zu kämpfen, wie eine Studie aus Wuhan enthüllt. Dort leiden 55 Prozent der Anfang 2020 infizierten Personen bis heute unter Erschöpfung, Muskelschwäche, Schmerzen und psychischen Problemen. Insgesamt sind Lebensqualität und Gesundheitszustand noch immer schlechter als die von Kontrollpersonen. Long Covid könnte demnach länger anhalten als zunächst erhofft.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 greift unseren Körper nicht nur während der akuten Infektion an – Covid-19 hinterlässt bei vielen Patienten auch langanhaltende Spätfolgen. Typisch für das Long-Covid-Syndrom sind eine chronische Erschöpfung, neurologische Ausfälle und Konzentrationsschwächen, aber auch Organschäden, Muskelschmerzen oder Atemprobleme. Wie viele Covid.19-Patienten betroffen sind und wie lange die Beschwerden anhalten, ist bisher aber erst in Teilen bekannt.
Wie lange dauert Long Covid?
Jetzt liefern Daten aus dem Epizentrum der Pandemie mehr Aufschluss – aus Wuhan. In der bisher längsten Studie dieser Art haben Lixue Huang von der Medizinischen Universität Peking und ihre Kollegen den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand von 1.192 Covid-19-Patienten der ersten Stunde über zwei Jahre hinweg verfolgt. Die Betroffenen waren zwischen dem 7. Januar und 29. Mai 2020 im Jin Yin-tan Hospital in Wuhan wegen ihrer Infektion mit SARS-CoV-2 untersucht und behandelt worden.
Um die Häufigkeit und Dauer von Spätfolgen zu ermitteln, unterzogen die Mediziner diese Frauen und Männer nach sechs, zwölf und 24 Monaten erneut einer umfangreichen medizinischen Untersuchung. Dabei analysierten sie auch Blutproben, befragten die Testpersonen nach ihrem subjektiven Wohlergehen und testeten ihre Geh-Ausdauer. Die psychische Gesundheit wurde mithilfe standardisierter Fragebogen bewertet.
Spätfolgen noch nach zwei Jahren
Die Auswertungen enthüllten: Zwei Jahre nach der akuten Infektion litten 55 Prozent der Testpersonen noch immer unter mindestens einem Long-Covid-Symptom. Auch wenn die Symptome mit der Zeit schwächer und weniger geworden waren, waren der Gesundheitszustand und das Wohlbefinden der Betroffenen noch immer schlechter als der der Durchschnittsbevölkerung gleichen Alters und Einkommens, wie Huang und ihre Kollegen berichten.
Die häufigsten Long-Covid-Symptome waren Fatigue und Muskelschwäche – rund ein Drittel der Patienten litt auch nach zwei Jahren noch darunter. Aber auch Schlafstörungen, Gelenkschmerzen, Herzrasen, Schwindel und Kopfschmerzen traten auf. Bei den psychischen Spätfolgen kamen Angstzustände mit 13 Prozent am häufigsten vor, elf Prozent der Betroffenen litten unter Depressionen.
Long Covid hält an
„Unabhängig von der ursprünglichen Schwere des Verlaufs erlebten die Covid-19-Patienten zwar Besserungen ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit – die Last der Spätfolgen blieb aber weiterhin relativ hoch“, konstatieren die Forschenden. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es zumindest für einen Teil der Betroffenen mehr als zwei Jahre dauert, um sich vollständig von Covid-19 zu erholen.“
Nach Ansicht der Wissenschaftler unterstreicht dies die Notwendigkeit, den Verlauf und die Ursachen von Long Covid weiter zu erforschen. Auch die Frage, wie Impfungen, Therapien und Virusvarianten die Entwicklung der Spätfolgen beeinflussen, müsse weiter untersucht werden. Gleichzeitig demonstrieren die Resultate auch, das ein signifikanter Anteil von Covid-19-Patienten auch Monate und sogar Jahre nach ihrer akuten Infektion noch medizinische Betreuung und Behandlung benötigt. (The Lancet Respiratory Medicine, 2022; doi: 10.1016/S2213-2600(22)00126-6)
Quelle: The Lancet
12. Mai 2022