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Robert Oppenheimer

Robert Oppenheimer

Vom Vater der Atombombe zum Sicherheitsrisiko

Der Physiker Robert Oppenheimer war ein Mann der Widersprüche: Er wurde als genialer Held gefeiert, aber auch als Staatsfeind und Sicherheitsrisiko geschmäht. Als „Vater der Atombombe“ schuf er die Waffen, die Hiroshima und Nagasaki vernichteten, wurde dann jedoch einer der prominentesten Gegner der atomaren Aufrüstung. Doch wer war dieser Mann? Und was trieb ihn an?

Robert Oppenheimer hat Geschichte geschrieben, denn mit ihm begann das Atomzeitalter. Unter seiner Leitung entwickelten die Physiker des Manhattan Projects in Los Alamos die erste Atombombe und schufen so die Grundlage für eine ganz neue Art der Waffe. Die Geschichte der Atombombe und ihres Schöpfers illustriert wie vielleicht keine zweite das Dilemma der Wissenschaft zwischen Ethik, Moral und Forscherehrgeiz.

Wettlauf um die Bombe

Der Beginn des Manhattan Project

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen Hitlers Atomprogramm: Anfang der 1940er Jahren arbeiten Physiker beiderseits des Atlantiks fieberhaft daran, die erst wenige Jahre zuvor entdeckte Kernspaltung zu einer Waffe zu machen – zu einer Atombombe.

REaktor Haigerloch
Nachbau des Versuchsreaktors Haigerloch vom deutschen Uranprojekt. Die Würfel bestanden aus Uran-238. © ArtMechanic/ CC-by-sa 3.0

Einsteins Brief

Die Nationalsozialisten hoffen, durch eine solche Wunderwaffe doch noch den Krieg zu gewinnen. Im deutschen Uranprojekt führen Wissenschaftler um Werner Heisenberg und Kurt Diebner deswegen noch bis ins Jahr 1945 hinein geheime Experimente mit Uranwürfeln in Testreaktoren durch. Ihr Ziel ist es, die kritische Schwelle zu einer Kettenreaktion zu erreichen – und damit die Voraussetzung für eine Atomexplosion.

In den USA treibt die Angst vor „Hitlers Bombe“ die Forschungen an. Schon im Jahr 1939 warnen die Physiker Leo Szilard und Albert Einstein den US-Präsidenten Franklin Roosevelt in einem Brief, dass die 1938 von Otto Hahn und Lise Meitner nachgewiesene Kernspaltung auch zum Bau einer neuartigen Bombe mit enormer Zerstörungskraft genutzt werden könnte. Die Physiker weisen den US-Präsidenten zudem darauf hin, dass es in Deutschland Hinweise auf eine verstärkte Uranforschung gibt.

Roosevelt und das Atomkomitee

Roosevelt reagiert prompt und veranlasst noch im Herbst 1939 die Bildung eines „Urankomitees“ aus Wissenschaftlern, Politikern und Militärs. Nach dem Kriegseintritt der USA im Jahr 1941 wird dieses Komitee aufgestockt und die Forschung zur Kernspaltung intensiviert. Auslöser dafür sind Berichte über Uranexperimente der Nazis, aber auch ein britischer Geheimbericht, der warnt, dass eine Atombombe schon in den nächsten zwei Jahren konstruiert werden könnte.

Als leitenden Physiker für die Forschung zur Kettenreaktion durch schnelle Neutronen wählt das Komitee einen jungen Physiker, der zu dieser Zeit an der University of Berkeley arbeitet: J. Robert Oppenheimer. „Er kombiniert eine durchdringende Einsicht in die theoretischen Aspekte des Programms mit gesundem Menschenverstand“, beschreibt der Nobelpreisträger Ernest Lawrence seinen Protegé. Außerdem kann der 1904 in New York geborene Oppenheimer mit einer beeindruckenden akademischen Laufbahn punkten.

Oppenheimer in Göttingen
J. Robert Oppenheimer promovierte in Göttingen unter den führenden Quanten- und Kernphysikern seiner Zeit. © historisch

Oppenheimer und die deutschen Quantenphysiker

Der junge Physiker hat an der Harvard University in nur drei Jahren ein Studium der Chemie und Physik absolviert und wechselt 1924 an das Labor des britischen Nobelpreisträgers J.J. Thomson in Cambridge. Dort langweilt sich Oppenheimer jedoch und beginnt deshalb 1925 seine Doktorarbeit an der Universität Göttingen – dem damals weltweit führenden Zentrum der Quantenphysik. Dort arbeitet Oppenheimer zusammen mit Physikergrößen seiner Zeit, darunter Wolfgang Pauli, Paul Dirac, Werner Heisenberg und Max Born. Auch die später für das US-Atombombenprojekt entscheidenden Kernphysiker Enrico Fermi und Edward Teller lernt Oppenheimer dort kennen.

Mit nur 23 Jahren schließt Oppenheimer seine Promotion in Physik ab und kehrt nach Forschungsaufenthalten in Zürich und den Niederlanden in die USA zurück. Dort nimmt er eine Stelle als Professor an der University of Berkeley und parallel am California Institute of Technology an. Der ebenfalls dort forschende Physiker Hans Bethe erinnert sich: „Oppenheimer wusste immer genau, was die wichtigen Probleme waren – das zeigte sich auch in der Wahl seiner Forschungsgebiete. Er lebte dann mit diesen Problemen und kämpfte um eine Lösung.“ Als Lehrer und Doktorvater ist Oppenheimer anspruchsvoll, aber beliebt.

Das Manhattan Project beginnt

Nachdem Robert Oppenheimer im Jahr 1942 von der Atomkommission zum „Koordinator für schnelle Spaltung“ ernannt wird, sammelt er die führenden Kernphysiker der USA um sich und sie beginnen, die für eine Atombombe nötige Kettenreaktion, die kritische Masse an spaltbarem Material und weitere Voraussetzungen zu erforschen. Wenige Monate später kommen sie zu dem Schluss: Der Bau einer Atombombe ist machbar, wird aber massive technische, wissenschaftliche und industriele Ressourcen erfordern.

Daraufhin reagiert die US-Regierung prompt und macht das Atombombenprojekt zur Chefsache: Das „Manhattan Project“, wie es nun heißt, erhält weitreichende finanzielle Mittel und die Befugnis, in großem Stil neue Anlagen zur Uranaufbereitung und für alle weiteren Materialien und Bauteile zu errichten. Als Gesamtleiter des Projekts wird General Leslie Groves vom US Army Corps of Engineers ernannt, der schon beim Bau des Pentagon federführend war. Er lässt umgehend mehrere neue Forschungsanlagen erreichten, darunter in Oak Ridge, Hanford und Berkeley.

Doch für den Hauptstandort, die eigentliche „Atombombenfabrik“, fehlt noch ein Standort und ein wissenschaftlicher Leiter…

Los Alamos

Oppenheimer und das „Project Y“

Mitte 1942 steht für die US-Atomkommission und General Groves, den Leiter des Manhattan Project, eine Frage im Zentrum der Überlegungen und Diskussionen: Welcher Wissenschaftler soll die Leitung für das „Project Y“ übernehmen – die Entwicklung der ersten Atombombe? Wer hat die Expertise, aber auch die nötigen Führungsqualitäten, um eine solche Mammutaufgabe zu bewältigen?

Oppenheimer und Groves
Robert Oppenheimer und General Leslie Groves in Alamogordo. © National Security Research Center/ LANL

„Er ist absolut essenziell für dieses Projekt“

Während einige Mitglieder der Atomkommission dafür einen der US-Nobelpreisträger favorisieren, fällt die Wahl von Groves auf Robert Oppenheimer. „Meinem Gefühl nach war er sehr gut qualifiziert, um die theoretischen Aspekte der Arbeit zu bewältigen“, sagt er später in einem Interview für das National Museum of Nuclear Science & Technology. „Ich hatte keine Ahnung, wie er mit dem praktisch-experimentellen Teil umgehen oder die administrative Verantwortung bewältigen würde. Aber ich glaubte, er könne den Job meistern.“

Damit setzt sich Groves gegen die Atomkommission und gegen Bedenken des FBIs durch. Denn Oppenheimer sympathisierte während des Spanischen Bürgerkriegs in den 1930er Jahren mit den Kommunisten – wie damals viele Akademiker. Robert Oppenheimers Bruder Frank und etliche seiner Bekannten waren zu dieser Zeit sogar Mitglieder der kommunistischen Partei. Dennoch gibt General Groves den Befehl, Robert Oppenheimer die Sicherheitsfreigabe zu erteilen. „…ungeachtet der Informationen, die Sie bezüglich Mr. Oppenheimer haben. Er ist absolut essenziell für dieses Projekt“, so seine schriftliche Anweisung.

Robert Oppenheimer wird damit zum wissenschaftlichen Leiter des Project Y – und zur treibenden Kraft beim Bau der Atombombe.

Ein Hochplateau in der Wüste

Im Herbst 1942 beginnt die Suche nach einem geeigneten Standort für die „Atombombenfabrik“. Der Ort muss genug Platz für Labore, Werkstätten und Wohnhäuser bieten sowie für hunderte Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Soldaten. Anderseits sollte er entlegen genug sein, um die Geheimhaltung zu gewährleisten – und die Zivilbevölkerung im Fall eines Unfalls nicht zu gefährden.

Leerstehende Ranch-Schule in Los Alamos
Leerstehendes Haupthaus der Los Alamos Ranch School im Jahr 1942. Ihre Gebäude wurden zum Zentrum der Anlage. © Manhattan Project National Historical Park

Die Wahl fällt auf ein karges Hochplateau mitten in der Wüste New Mexicos. Das verlassene Gebäude der ehemaligen Los Alamos Ranch School wird zum Kern einer Forschungsstätte, die innerhalb weniger Monate auf die Größe einer Kleinstadt heranwächst. Soldaten errichten in Windeseile einfache Barracken, verlegen Leitungen und befestigen die einzige Zufahrtsstraße zum Los Alamos Labor, wie es ab jetzt heißt.

Oppenheimer schätzt anfangs, dass für die Arbeit an der Atombombe 50 Wissenschaftler und 50 Techniker reichen werden. Doch damit liegt er weit daneben. Schon Ende 1943 leben 3.500 Menschen auf dem Hochplateau von Los Alamos, bis Ende 1944 werden es 5.700, bis Ende 1945 sogar mehr als 8.000 Menschen sein. Während die Verantwortung für die zivilen Mitarbeitenden mitsamt ihren Familien bei Oppenheimer als Leiter der Forschungsstätte liegt, unterstehen die Wachposten und sonstigen Soldaten in Los Alamos dem Militär. Es gelten strengste Sicherheitsvorschriften.

Ein Haufen ungeklärter Fragen

Nach dem Umzug nach Los Alamos im Frühjahr 1943 machen sich die Physiker und Chemiker um Oppenheimer sofort an die Arbeit – und müssen gleich mehrere ungeklärte Fragen beantworten: „Als wir nach Los Alamos kamen, war nicht bekannt, wie viele Neutronen bei einer Kernspaltung emittiert werden“, berichtet Oppenheimer später im Interview. „Es war auch nicht klar, ob es bei der Reaktion zeitliche Verzögerungen gibt und wie lange diese sind. Aber ohne dies bekommet man keine Explosion. Unsere ersten Experimente waren daher darauf ausgerichtet, diese fundamentalen Fragen zu klären.“

Ein weiteres Problem ist die Frage der Zündung, des Mechanismus, durch den das spaltbare Material die kritische Masse und Dichte überschreitet und die Kettenreaktion einsetzt. Die Forscher um Oppenheimer entwickeln verschiedene Konzepte, wie dies mithilfe von konventionellem Sprengstoff und verschiedenen Formen spaltbaren Materials erreicht werden kann. „Es gab nicht nur ein einziges fundamentales Problem, sondern viele neuartige technologische Probleme, die ziemlich ungewöhnliches Equipment erforderten“, erklärt Oppenheimer.

Oppenheimer AUsweisfoto
Foto von Oppenheimers Zugangsausweis für Los Alamos. © National Security Research Center/ LANL

Der Motor des Projekts

In dieser schwierigen Phase bewährt sich General Groves‘ Entscheidung, Robert Oppenheimer zum Leiter des Projekts zu machen. „Oppie kannte die Forschung, die in jedem Teil des Laboratoriums vorging, im Detail und war exzellent in der Analyse der menschlichen Probleme wie der unzähligen technischen“, sagt Edward Teller später in einem Interview. „Er verstand zu leiten, ohne den Anschein einer Führung zu erwecken. Sein charismatisches Engagement hatte fundamentale Bedeutung für die erfolgreiche und schnelle Fertigstellung der Atombombe.“

Und auch außerhalb der Forschungsarbeit sorgt Oppenheimer dafür, dass die weitgehend isoliert mitten im Nirgendwo lebenden und arbeitenden Menschen in Los Alamos bei Laune bleiben. Er organisierte Ausflüge, veranstaltete Partys und kümmert sich darum, dass Pannen und Probleme bei der Infrastruktur der aus dem Boden gestampften Anlage behoben werden. Zusammen mit seinen Fähigkeiten in der Koordination der wissenschaftlichen Arbeiten macht dies Oppenheimer zum Motor des Project Y.

„Oppenheimer weckte nicht nur Loyalität, sondern auch tiefen Respekt bei jedem, der in Los Alamos war“, erinnert sich der Physiker und spätere Nobelpreisträger Roy Glauber. „Mir fällt kein anderer ein, der dies so zum Erfolg geführt haben könnte.“ Dieser Erfolg lässt allerdings zunächst auf sich warten – entsprechend groß ist der Druck auf Oppenheimer und sein Team.

Trinity Test

Die erste Atombombenexplosion

Es ist der 16. Juli 1945, in der Wüste von New Mexico beginnt gerade die Morgendämmerung. Inmitten der kargen Weite der passenderweise „Jornada de Muerto“ – Reise des Todes – getauften Gegend steht ein 30 Meter hoher Turm aus Stahlverstrebungen, an seiner Spitze eine Art Verschlag. Unter diesem hängt eine etwa zwei Meter große Kugel aus Stahl, um deren Oberfläche sich zahlreiche Drähte und Leitungen winden: „The Gadget“ – die erste Atombombe.

Trinity-Testturm
Turm für den Trinity Test der ersten Atombombe. © National Nuclear Security Administration

Die Bombe und ihr Innenleben

Im Zentrum des „Geräts“ liegen zwei gut sechs Kilogramm wiegende Halbkugeln aus Plutonium, umgeben von einem Zylinder aus massivem Uran-238. Sie bilden zusammen den eigentlichen Kern der Atombombe – den Teil, in dem die atomare Kettenreaktion ablaufen soll. Der ganze Rest der Bombe ist mit konventionellem Sprengstoff gefüllt, der mithilfe der von allen Seiten einmündenden Zünddrähte exakt gleichzeitig gezündet werden muss. Diese konventionelle Explosion soll so viel Druck aufbauen, dass das Plutonium im Kern komprimiert wird und eine kritische Dichte erreicht. Erst dadurch wird die Kernspaltung und damit die atomare Explosion ausgelöst – so die Theorie.

Doch ob das Ganze funktioniert, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand – auch der neun Kilometer entfernt in einem speziellen Beobachtungsbunker sitzende Robert Oppenheimer nicht. Denn ursprünglich war nicht geplant, eine solche Plutonium-Implosionsbombe zu bauen. Ihre Technologie gilt als kompliziert und störanfällig – und erscheint daher nur bedingt für einen Einsatz geeignet. Die ersten Pläne des Manhattan Project sahen deshalb eine weit einfacher konstruierte Uran-235-Bombe vor.

Die dafür nötige Anreicherung des Urans mit diesem Isotop erweist sich jedoch als so aufwendig und langsam, dass unklar bleibt, ob in absehbarer Zeit überhaupt genug Material für eine Bombe bereitstehen wird. Bis Mitte 1944 erhalten die Physiker in Los Alamos nur einige hundert Gramm Uran-235 – kaum genug für Laborexperimente. Daher müssen sie umdisponieren und das reichlicher verfügbare Plutonium verwenden, was aber den kompliziertere Implosions-Bautyp erfordert. Das Ergebnis ist „The Gadget“.

The Gadget
„The Gadget“: Die Plutonium-Implosionsbombe in der Spitze des Trinity-Testturms kurz vor dem Test. © Los Alamos National Laboratory

Wie stark wird die Explosion?

Wegen der komplizierten Technik dieser Atombombe entscheiden Oppenheimer und General Groves, dass vor dem Einsatz einer solchen Bombe in Japan, wie es das US-Militär plant, ein Test nötig ist. Dieser Trinity-Test soll an diesem Morgen stattfinden – beobachtet von unzähligen in verschiedenen Entfernungen aufgestellten Kameras, Geigerzählern sowie Flugzeugen in der Luft. Die Militärs und Wissenschaftler aus Los Alamos haben in mehreren Beobachtungsbunkern Schutz gesucht, die neun Kilometer vom Testturm entfernt liegen. Weitere Beobachter sind in 32 Kilometer Entfernung untergebracht.

Wie stark die Atombombenexplosion ausfallen wird und wie weit die Druckwelle reicht, können jedoch nicht einmal die Physiker und Ingenieure vorhersagen: Vor dem Test schätzt Oppenheimer die freigesetzte Energie auf drei Kilotonnen TNT, George Kistiakowsky, der Hauptkonstrukteur der Plutoniumbombe, schätzt 1,4 Kilotonnen und Hans Bethe tippt auf acht. Enrico Fermi nimmt sogar Wetten darüber an, ob die Atomexplosion die Atmosphäre entzünden wird und den Staat oder sogar den gesamten Planeten in Brand setzen wird.

„Auf den Boden legen und die Augen schließen“

Im Vergleich dazu sind die Schutzmaßnahmen eher rudimentär: „Unsere Vorbereitungen waren einfach: Jeder wurde angewiesen, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen, mit den Füßen in Richtung Explosion. Als der Countdown sich Null näherte, sollten alle ihre Augen schließen und sie mit den Händen bedecken“, berichtet General Leslie Groves später in seinem Buch über das Manhattan Project. Sobald der erste Blitz der Explosion vorbei ist, dürfen die Beobachter wieder aufstehen und mithilfe einer Schutzbrille mit berußten Gläsern die Explosion verfolgen.

Tausende Kilometer entfernt, in Potsdam, wartet zu diesem Zeitpunkt auch US-Präsident Harry S. Truman dringend auf Nachricht. Denn dort beginnt am nächsten Tag die Potsdamer Konferenz, bei der Delegationen der Siegermächte unter Leitung von Truman, Winston Churchill und Josef Stalin über die künftige Aufteilung Europas und das Schicksal des besiegten Deutschlands verhandeln werden. Ein erfolgreicher Atombombentest würde dem US-Präsidenten eine Trumpfkarte gegenüber Stalin in die Hand geben.

Trinity-Test
Der erste Atompilz der Welt: Explosionswolke des Trinity-Tests am 16. Juli 1945. © National Security Research Center/ LANL

Die Explosion

Um 05:30 Uhr Ortszeit ist es soweit: Die in 30 Meter Höhe hängende Atombombe „The Gadget“ wird gezündet. Ein greller Lichtblitz strahlt über der Wüste von Alamogordo auf. „Das Licht des Blitzes drang selbst am Boden durch unsere geschlossenen Augenlider. Als wir hochschauten, sahen wir den Feuerball und dann fast sofort danach diese überirdische Wolke“, erinnert sich Robert Oppenheimers Bruder Frank an das Ereignis. Er liegt während des Trinity-Tests neben seinem Bruder am Boden des Bunkers.

40 Sekunden später erreicht das Grollen der Explosion die Ohren von Oppenheimer und den anderen Beobachtern. Die pilzförmige Wolke steigt zwölf Kilometer hoch auf und färbt sich dabei von hellgelb über orange und rot bis ins Violette. Die Druckwelle der Atombombenexplosion ist noch in 160 Kilometer Entfernung zu spüren. Spätere Berechnungen ergaben, dass Energiefreisetzung rund 24 Kilotonnen TNT entsprach.

„Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten“

Damit haben Oppenheimer, Groves und die Wissenschaftler des Manhattan-Projekts Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal haben Menschen die Naturgewalt der Kernspaltung entfesselt – und damit das Atomzeitalter eingeläutet. „Wir wussten, dass die Welt ab jetzt nicht mehr die dieselbe sein würde“, erinnert sich Robert Oppenheimer 1965 in einem Interview mit dem US-Sender CBS. „Einige von uns lachten, einige weinten, die meisten waren still.“

Oppenheimer selbst wird beim Anblick der Explosionswolke an einen Passus aus der Bhagavad-Gita erinnert: „Ich bin der Tod, der Zerstörer der Welten.“ Mit diesen Worten versucht der Hindu-Gott Vishnu, den jungen Prinzen Arjuna davon zu überzeugen, auf dem Schlachtfeld seine Pflicht zu tun. Er und sein Team haben mit dem Trinity-Test bewiesen, dass auch sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Doch was nun?

Die Kehrtwende

Hiroshima, Oppenheimer und die Wasserstoffbombe

Der Trinity-Test am 16. Juli 1945 hat demonstriert, dass eine Bombe auf Basis der Kernspaltung funktioniert – und wie groß ihre Zerstörungskraft sein kann. So groß die Erleichterung und Freude der Los-Alamos-Wissenschaftler über die erfolgreich absolvierte Aufgabe ist: Selbst in ihrem wissenschaftlichen „Elfenbeinturm“ ist vielen Physikern jetzt klar, was für eine schreckliche Waffe sie hier erschaffen haben.

Szilard-Petition
Die im Juli 1945 an US-Präsident Truman gerichtete Petition von Leo Szilard wurde von 70 Mitarbeitenden des Manhattan Project unterzeichnet. © historisch

Die Szilard-Petition

Noch im Juli 1945 verfassen der Physiker Leo Szilard und sein Kollege Glenn Seaborg – beide arbeiten in einem Chicagoer Labor des Manhattan Project – einen Brief an US-Präsident Harry Truman. In ihm appellieren sie an den Präsidenten, die Atombombe nicht gegen Japan einzusetzen. Angesichts der enormen Zerstörungskraft solcher Atomwaffen würde dies „das Tor zu einer Ära der Zerstörung unvorstellbaren Ausmaßes öffnen“. Szilard, Seaborg und die insgesamt 70 Unterzeichnenden des Manhattan Project sehen die USA in der moralischen Verantwortung, eine solche, für die gesamte Welt gefährliche Situation zu vermeiden.

In dieser „Szilard-Petition“ warnen die Wissenschaftler auch bereits vor einem atomaren Wettrüsten, bei dem es keine Gewinner geben könne. „Wenn nach diesem Krieg eine Situation entsteht, in der rivalisierende Mächte im unkontrollierten Besitz dieser neuen Vernichtungswaffen sind, wären die Städte der USA und anderer Nationen in ständiger Gefahr der plötzlichen Auslöschung…“

Robert Oppenheimer ist nicht unter den Unterzeichnern. Er teilt zwar einige Befürchtungen seiner Kollegen, sieht aber in einem Atombombenabwurf über Japan das einzige Mittel, um den Krieg schnell zu beenden. „Es musste getan werden“, rechtfertigt er sich wenig später in einem Brief gegenüber seinem Freund Haakon Chevalier. Oppenheimer berät deshalb das US-Militär dazu, wie sie die Bombe einzusetzen haben.

Hiroshima und Nagasaki
Explosionswolken der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. © US National Archives

Hiroshima und Nagasaki

Am 6. August 1945 um 08:15 Uhr Ortszeit ist es soweit: Der US-Bomber „Enola Gay“ wirft die Atombombe „Little Boy“ über der japanischen Stadt Hiroshima ab. Anders als das „Gadget“ vom Trinity Test handelt es sich bei dieser Waffe um eine einfacher konstruierte Uranbombe. Innerhalb von Sekunden verwandelt sie den Sommermorgen in eine tödliche Hölle aus Feuer, Strahlung und radioaktivem Regen. Rund 80.000 Menschen sterben sofort, getötet durch den tausende Grad heißen Feuerball und die Druckwelle der Explosion, insgesamt werden es mehr als 200.000 Tote sein. Das gesamte Stadtzentrum von Hiroshima wird zerstört.

In Los Alamos sind die Reaktionen gemischt: Oppenheimer tritt noch am gleichen Abend vor seine Kollegen und berichtet vom erfolgreichen Einsatz der Bombe in Japan. Er sei stolz darauf, was sie erreicht hätten, so der Physiker. Auch die meisten seiner Mitarbeiter jubeln zunächst, erleichtert über den erfolgreichen Einsatz, sollte er doch den Krieg mit Japan endlich beenden. Doch dies weicht schnell der Ernüchterung: Japan weigert sich zu kapitulieren und am 9. August 1945 wirft das US-Militär eine zweite Atombombe über Nagasaki ab, diesmal eine Plutoniumbombe wie beim Trinity-Test.

„Wir haben ein Ding erschaffen…, das etwas Böses ist“

Spätestens jetzt wandelt sich auch Oppenheimers Einstellung: Wenige Tage nach dem Atombombenabwurf auf Nagasaki verfasst er einen Brief an den US-Präsidenten, in dem er dringend vom weiteren Einsatz von Atombomben und einer atomaren Aufrüstung abrät. Bei einem Gespräch mit Mitgliedern der US-Atomkommission in Washington spricht sich Oppenheimer sogar dafür aus, Atomwaffen für illegal zu erklären, ähnlich wie beim Giftgas nach dem Ersten Weltkrieg. Diese Haltung verstärkt sich noch, nachdem die ersten Bilder und Berichte aus Hiroshima und Nagasaki eintreffen.

Doch für die amerikanische Presse und Öffentlichkeit sind Robert Oppenheimer und seine Kollegen vom Manhattan Project jetzt Helden. Oppenheimer ziert die Titelblätter diverser Magazine und wird als „moderner Prometheus“ und als „Vater der Atombombe“ gefeiert. Der Physiker jedoch hält mit seinen Bedenken gegen eine weitere atomare Aufrüstung nicht hinter dem Berg: „Wir haben ein Ding erschaffen, eine schreckliche Waffe, die nach allen Standards der Welt, in der wir aufgewachsen sind, etwas Böses ist“, sagt Oppenheimer in einer Rede. Auch gegenüber US-Militär und dem US-Präsidenten warnt er vor einer Welt mit Atomwaffen.

Einstein und Openheimer
Robert Oppenheimer und Albert Einstein um 1950 am Institute of Advanced Study in Princeton. © US Government/ Defense Threat Reduction Agency

Von Los Alamos nach Princeton

Oppenheimers Appelle fallen jedoch auf taube Ohren: Während der „Vater der Atombombe“ und viele seiner Mitstreiter eine Ächtung von Atomwaffen vertreten, sehen andere, vor allem die US-Militärs und führenden Politiker, in den neuen Bomben das Mittel, um die Vormachtstellung der USA zu sichern – insbesondere gegenüber der Sowjetunion. Desillusioniert und nicht Willens, die atomare Aufrüstung durch seine praktische Mitarbeit weiter zu unterstützen, tritt Oppenheimer im Oktober 1945 als Direktor des Los Alamos Laboratoriums zurück.

Der Physiker kehrt zunächst ans Caltech zurück und wechselt dann 1947 als Direktor ans Institute of Advanced Study in Princeton, einem der renommiertesten Thinktanks für theoretische Physik. Auch Albert Einstein, John von Neumann oder Kurt Gödel sind dort Fakultätsmitglieder. Gleichzeitig wird Oppenheimer Vorsitzender des General Advisory Committee (GAC) – einem der neuen Atomenergiebehörde der USA unterstellten Beratergremium. Auch in dieser Funktion setzt sich der Physiker weiter für Abrüstung und eine internationale Rüstungskontrolle ein.

Die Wasserstoffbombe

Damit gerät Oppenheimer zunehmend in Konflikt mit führenden Vertretern der Atomkommission, des Militärs und der Regierung. Denn diese streben längst nach einer weiteren, noch mächtigeren Waffe: der Wasserstoffbombe. Nachdem im August 1949 auch die Sowjetunion ihren ersten Atombombentest durchführt, hat das nukleare Wettrüsten begonnen. Zwei ehemalige Mitstreiter von Oppenheimer im Manhattan Project, Edward Teller und Stanislaw Ulam, treiben diese Pläne voran und entwickeln 1951 ein erstes Konzept für eine solche thermonukleare Bombe.

Ivy Mike
Test der ersten Wasserstoffbombe „Ivy Mike“ im Pazifik. © US Department of Defense/ Defense Atomic Support Agency.

Während Atombomben ihre Energie aus der Kernspaltung beziehen, stammt sie bei der Wasserstoffbombe aus der Kernfusion, der Verschmelzung von Wasserstoffatomen. Dabei wird mehr Energie freigesetzt als bei einer atomaren Kernspaltung. Am 1. November 1951 testen die USA die erste thermonukleare Bombe auf dem Enewetak Atoll in der Südsee. Die „Ivy Mike“ getaufte Bombe setzt die Energie von 10,4 Megatonnen TNT frei – das 450-Fache der Nagasaki-Atombombe. Der Feuerball der Explosion hat einen Durchmesser von mehr als fünf Kilometern, die pilzförmige Wolke dehnt sich bis auf 160 Kilometer aus.

Damit ist Oppenheimer darin gescheitert, diese Eskalation der atomaren Aufrüstung zu verhindern. Auch wenn er noch in mehreren Gremien und Beraterstäben der US-Regierung sitzt, hat er sich mit seiner Opposition gegen die US-Rüstungspläne einflussreiche Feinde gemacht – und das wird Folgen haben.

Das Tribunal

Ist Robert Oppenheimer ein Sicherheitsrisiko?

Anfang der 1950er Jahre geht in den USA die Angst vor der „roten Gefahr“ um. Die Sowjetunion und ihre Sympathisanten sind Staatsfeind Nummer eins. Unter der Ägide des US-Senators Joseph McCarthy wird im gesamten Land Jagd auf Kommunisten und ihr Mitläufer gemacht, tausende Menschen werden verhört und müssen vor dem Ausschuss vor unamerikanische Umtriebe aussagen.

Auch im sensiblen Bereich des US-Atomwaffenprogramms wächst die Paranoia, wenn auch nicht ganz unbegründet. Denn 1950 kommt heraus, dass es auch im Manhattan Project kommunistische Spione gab, allen voran der britische Physiker Klaus Fuchs. Später werden noch drei weitere identifiziert, einer davon, der Ingenieur Oscar Seborer, erst im Jahr 2019.

Oppenheimer 1952
Robert Oppenheimer im Herbst 1952 bei der Einweihung eines von John von Neumann entwickelten Computers für das Institut. © historisch

Die Sicherheitsfreigabe

Für die Politiker und Militärs, denen Robert Oppenheimer wegen seiner Kritik an der atomaren Aufrüstung schon länger ein Dorn im Auge ist, bietet dieses Klima der Angst die perfekte Gelegenheit. Bereits 1949 wird der Physiker vor einen den Ausschuss für unamerikanische Umtriebe zitiert und gibt dabei offen zu, dass er in den 1930er Jahren, während seiner Zeit in Berkeley, einige kommunistische Veranstaltungen besucht hat und dass viele seiner Studenten und auch sein Bruder Kommunisten waren. Zunächst hat dies jedoch keine schwerwiegenden Folgen.

Das ändert sich am 23. Dezember 1953: Oppenheimer wird von Lewis Strauss, dem Vorsitzenden der US-Atomenergiekommission, darüber informiert, dass man seine Sicherheitsfreigabe widerrufen wird. Er hat nun die Wahl, dies zu akzeptieren und seine Tätigkeiten als Berater in verschiedenen offiziellen Gremien aufzugeben oder die Entscheidung anzufechten. „Ein Rücktritt würde bedeuten, dass ich die Sichtweise akzeptiere und teile, nach der ich nicht in der Lage bin, dieser Regierung zu dienen, der ich nun seit etwa zwölf Jahren gedient habe. Das kann ich nicht tun“, schreibt Oppenheimer am nächsten Tag in einem Brief an Strauss.

Der Ausschuss

Als Folge dieser Weigerung muss sich Oppenheimer im April und Mai 1954 einer Anhörung vor der Atomenergiekommission (AEC) stellen: Vier Wochen lang werden er und 40 Zeugen aus dem Manhattan Project und seinem privaten Umfeld befragt. Wieder geht es vor allem um seine früheren Bekanntschaften mit Kommunisten, darunter vor allem seinen langjährigen Freund Haakon Chevalier. Als verhängnisvoll erweist sich nun, dass Oppenheimer in früheren Anhörungen des FBI gelogen hat, um seinen Freund zu schützen. Auch seine Ablehnung der Wasserstoffbombe wird dem Physiker nun als „antiamerikanisch“ ausgelegt.

Dass Oppenheimer im Los Alamos alles getan hat, um seine Aufgabe zu erfüllen, hilft ihm kaum. Auch nicht, dass der größte Teil der Zeugen, 28 von 40, ihn vehement verteidigt und als absolut vertrauenswürdig beschreibt. Unter den Fürsprechern ist auch der Nobelpreisträger Isidore Rabi, der am Manhattan Project mitgearbeitet hat und selbst dem Beirat der Atomenergiekommission angehört. Er ist empört über die Anwürfe gegen Oppenheimer und verteidigt ihn vehement: „Wir haben die Atombombe, was also wollt ihr noch – Meerjungfrauen? Das war eine enorme Leistung. Wenn das Ende dieses Weges diese Art der Anhörung ist, die einfach demütigend ist, dann ist das eine ziemlich schlechte Show.“

Edward Teller
Der Physiker Edward Teller war Mitentwickler der Atombombe und der Wasserstoffbombe und sagte beim Tribunal gegen Oppenheimer aus – vor allem wegen dessen Kritik am Wasserstoffbombenprogramm. © Los Alamos National Laboratory

Der „Dolchstoß“ durch Groves und Teller

Einer der wichtigsten Zeugen ist General Leslie Groves, der Oppenheimer als wissenschaftlichen Leiter des Manhattan Project ausgewählt hat. Vor dem Ausschuss verteidigt Groves seine Entscheidung, Oppenheimer trotz dessen bekannten kommunistischen Kontakten die Sicherheitsfreigabe erteilen zu lassen: „Ich war nie der Ansicht, dass es ein Fehler war, Oppenheimer während des Krieges für diesen Posten auszuwählen und ihm die Sicherheitsfreigabe zu erteilen. Er hat die ihm zugewiesene Mission erfüllt und tat dies gut“, so Groves.

Als Groves jedoch gefragt wird, ob er Oppenheimer auch unter den aktuellen Sicherheits-Anforderungen die Freigabe erteilen würde, verneint er dies: „Mit ist egal, wie wichtig der Mann ist… Wenn ich ein Mitglied dieser Kommission wäre, würde ich Dr. Oppenheimer auf Basis dieser Interpretation keine Sicherheitsfreigabe erteilen.“ Zwar betont der General noch, dass dies nur im Licht der aktuellen strengen Vorgaben gelte, dennoch ist der Schaden angerichtet. Ausgerechnet der Mann, der Oppenheimer ausgewählt hat und der am engsten mit ihm zusammengearbeitet hat, fällt ihm jetzt in den Rücken.

Ähnliches gilt für Edward Teller: Der Physiker lobt in seinen Aussagen zwar zunächst Oppenheimers Leistungen in Los Alamos und seine Verdienste für den Bau der Atombombe. Doch auch er spricht sich gegen eine Sicherheitsfreigabe für Oppenheimer aus: „Wenn es eine Frage der Weisheit und des Urteilsvermögens ist, dann würde ich angesichts seiner Handlungen seit 1945 sagen, dass es weiser wäre, keine Sicherheitsfreigabe zu erteilen“, so Teller. Mit „Handlungen“ meint der Mitentwickler der Wasserstoffbombe Oppenheimers kritische Haltung zur atomaren Aufrüstung und der Entwicklung einer thermonuklearen Bombe.

Letztlich hat Oppenheimer keine Chance: Seine Gegner nutzen das Tribunal als Chance, den unbequemen Mahner endlich loszuwerden. Hinter den Kulissen lässt vor allem Lewis Strauss seinen politischen Einfluss spielen – und hat Erfolg.

Das Urteil

Am 23. Mai 1954 gibt der Ausschuss sein Urteil bekannt: Robert Oppenheimer wird die Sicherheitsfreigabe endgültig entzogen. Man halte ihn zwar für einen loyalen Bürger, so heißt es. Aber gleichzeitig attestiert man ihm fundamentale Charakterschwächen, darunter eine Missachtung für Sicherheitsregeln und eine leichte Beeinflussbarkeit. Auch seine Haltung gegenüber dem US-Wasserstoffbomben-Programm mache es zweifelhaft, ob eine weitere Beteilung des Physikers an geheimen Beratungen ratsam sei, so das Urteil.

Oppeneimer 1964
Robert Oppenheimer im Jahr 1964 am Kernforschungszentrum CERN bei Genf. © ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Mandelmann, Erling / Com_M13-0401-0001-0002 /CC-by-sa 4.0

Für Oppenheimer ist diese Entscheidung ein schwerer Schlag, auch wenn er sich wenig anmerken lässt: „Er nahm das Ergebnis der Sicherheitsanhörung sehr ruhig auf, aber er war hinterher ein anderer Mensch“, erinnert sich Hans Bethe. „Viel von seinem früheren Geist und seiner Lebendigkeit hatte ihn verlassen.“

Oppenheimer zieht sich nach Princeton zurück. Neben seiner Forschung und Lehre im Bereich der Physik beschäftigt er sich jedoch weiterhin mit den moralischen und ethischen Auswirkungen wissenschaftlicher Erfindungen und der daraus resultierenden Verantwortung der Wissenschaft. Am 18. Februar 1967 stirbt Robert Oppenheimer in Princeton an Kehlkopfkrebs.

Ende und späte Rehabilitation

Erst im Dezember 2022 – fast 70 Jahre nach dem Tribunal gibt das US- Energieministerium als die Nachfolgebehörde der Atomenergiekommission zu, dass Oppenheimer Unrecht getan wurde und dass es bei dem Ausschuss alles andere als fair zuging. „Im Laufe der Zeit sind immer mehr Beweise für die Einseitigkeit und Unfairness des Verfahrens ans Licht gekommen, dem Dr. Oppenheimer unterworfen war, während die Beweise für seine Loyalität und Liebe zum Land nur noch mehr bestätigt wurden“, erklärte US-Energieministerin Jennifer Granholm.

Ganz ähnlich hatte es der US-Senator J. William Fulbright schon direkt nach dem Tod Oppenheimers im Jahr 1967 formuliert: „Lassen Sie uns nicht nur daran erinnern, was dieses spezielle Genie für uns getan hat, sondern auch, was wir ihm angetan haben.“

 

Quellen und weiterführende Infomation:

American Prometheus – The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer
Von Kai Bird und Martin J. Sherwin
Randomhouse/ Vintage 2005

Now it can be told – the Story of the Manhattan Project
Von General Leslie M. Groves
Da Capo Press Reprint von 1962

Atomic Heritage Foundation

Los Alamos National Laboratory