Warum schwere Metalle wie Gold und Platin nicht alle in den Erdkern gesunken sind
Unerklärlicher Metallreichtum: Eigentlich dürfte es in Kruste und Erdmantel weder Gold, Platin noch andere schwere Metalle geben – sie müssten längst in den Erdkern gesunken sein. Warum das nicht geschah, könnten nun Forscher herausgefunden haben. Demnach sorgte eine Kombination aus frühen Einschlägen, halbgeschmolzenem Gestein und der Konvektion des Erdmantels dafür, dass die edlen Metalle auf die Erde gelangten, aber nicht bis in den Erdkern kamen. Stattdessen liegen zum Teil im tiefen Erdmantel, zum Teil gelangten sie wieder an die Oberfläche.
Gold, Platin und Co sind nicht nur begehrte Edelmetalle und wertvolle Rohstoffe, sie geben auch einige Rätsel auf. So ist erst in Teilen geklärt, wie diese Elemente im Universum gebildet wurden und wie sie einst auf die Erde gelangten. Noch rätselhafter ist jedoch, warum Gold, Platin und andere siderophile Metalle überhaupt im Erdmantel und in der Erdkruste vorkommen. Denn wegen ihrer hohen Affinität zu Eisen und ihrem Gewicht müssten sie schon in der Frühzeit der Erde in den Eisenkern unseres Planeten hinabgesunken sein.
Frühe Einschläge als Goldlieferanten?
Klar ist aber auch, dass Metalle wie Gold, Platin, Ruthenium oder Palladium trotzdem in Erdmantel und Erdkruste vorkommen. Aber warum? Eine mögliche Erklärung wäre, dass diese Metalle nachträglich auf die Erde gelangten – nachdem die Schichtbildung der Erde abgeschlossen und der Erdkern schon gebildet war. Als mögliche Lieferanten für diese Goldfracht gelten die großen Planetenreste und Asteroiden, die vor rund 3,8 bis 3,6 Milliarden Jahren auf der jungen Erde einschlugen. In ihren Metallkernen könnten genügend Gold und Co enthalten gewesen sein, um die irdischen Vorkommen anzureichern.
Das Problem jedoch: Auch bei diesen Einschläge müsste der größte Teil der schweren Metalle relativ schnell und dauerhaft in den Erdkern abgesunken sein. Der Kern großer Planetentrümmer würde beim Einschlag so tief eindringen, dass er direkt mit dem Erdkern verschmilzt. Und auch bei kleineren Einschlägen wäre dies nur eine Frage der Zeit. Denn Modellsimulationen zufolge würden auch ihre Metalle im Laufe von einigen zehntausend Jahren durch den Erdmantel bis zum Kern absinken.
Halbgeschmolzene Schicht als Goldfalle
„Das wirft die Frage auf, wie die Erde trotzdem ihre Edelmetalle bekommen konnte“, sagt Simone Marchi vom Southwest Research Institute in Colorado. „Denn selbst durch die späte Akkretion scheint es unmöglich, den Erdmantel mit metallischen Komponenten anzureichern.“ Oder doch nicht? Zusammen mit ihrem Kollegen Jun Korenaga von der Yale University hat Marchi untersucht, unter welchen Bedingungen Gold und Co vielleicht doch dem Absinken in den Erdkern entgehen können.
Für ihre Studie nutzte das Team geophysikalische Modelle, mit denen sie die Vorgänge beim Einschlag eines großen Asteroiden rekonstruierten. Dabei zeigte sich: Wenn der Impaktor nicht direkt bis zum Erdkern durchschlägt, bildet sich an der Einschlagsstelle ein lokaler Magmaozean, unter dem eine dünne halbgeschmolzene Übergangsschicht liegt. Diese spielt eine entscheidende Rolle als vorübergehende Falle für die Metalle aus dem Impaktor, wie die Forscher erklären.
Was nach den Einschlägen geschah
Das Szenario: Nach dem Einschlag sinken Gold, Platin und andere siderophile Metalle schnell auf den Grund des Magmaozeans und weiter in die partiell geschmolzenen Mantelschicht. Dort wird ihr Absinken zunächst gebremst und es kommt zu einer Anreicherung der Metalle in der Übergangschicht. „Dadurch kann dieser Bereich unter dem lokalen Magmaozean eine Metallkonzentration von einem bis zehn Gewichtsprozent erreichen“, berichten Marchi und Korenaga.
Allerdings bleibt auch diese Übergangszone nicht dauerhaft erhalten: Durch ihren hohen Metallgehalt wird sie gravitativ instabil und beginnt nun ebenfalls, in die Tiefe zu sinken – mitsamt der in ihrem nur halbgeschmolzenen SiIikatgestein eingeschlossenen Metalle. Doch das Material schmilzt beim Absinken nicht auf, sondern verfestigt sich sogar, wie die Simulationen ergaben. Möglich wird dies, weil die Temperatur dabei langsamer steigt als der Druck. „Die adiabatische Kompression hält die metallischen Anteile dadurch im Mantelgestein fest“, erklären die Forscher.
Rücktransport mit der Mantelkonvektion
Der Clou dabei: Weil die Metalle im Mantelgestein gefangen sind, können sie die Kern-Mantel-Grenze nicht passieren und im Erdkern verschwinden. Stattdessen geraten sie zusammen mit dem Rest des Gesteins unter den Einfluss der langsamen Mantelkonvektion. Im Laufe von Milliarden Jahren steigen dabei heißere Mantelanteile allmählich nach oben, kühlere sinken ab. Während rein metallische Einschlagsrelikte zu schwer wären, um mit dieser Strömung mit nach oben getragen zu werden, gilt dies für die metallreichen Mantelgesteine aus der ehemaligen Übergangszone nicht, wie das Team ermittelte.
„Dieses dreiphasige System, kombiniert mit der langfristigen Vermischung durch die Mantelkonvektion ermöglicht es den siderophilen Metallen, im Erdmantel erhalten zu bleiben“, erklärt Korenaga. Damit könnte dies das Rätsel um die „unmöglichen“ Goldvorkommen in Erdmantel und Erdkruste lösen.
Erklärung auch für Mantel-Anomalien?
Interessant auch: Die in der Simulation rekonstruierten Prozesse könnten noch ein weiteres geologisches Rätsel lösen. Denn seismologische Daten zeigen, dass es im unteren Erdmantel, direkt über der Kern-Mantel-Grenze, mehrere große Anomalien gibt – Regionen, die dichter und metallreicher sind als der Rest des Erdmantels. Bisher ist unklar, woher diese Metallanreicherungen kommen. Als mögliche Ursachen gelten Lecks im Erdkern, aber auch frühe Einschläge oder andere Prozesse aus der Frühzeit des Planeten.
Wenn das von Marchi und Korenaga aufgestellte Szenario stimmt, dann könnten diese tiefen Mantelanomalien die Überreste der metallreichen Übergangszonen sein, die bei Einschlägen gebildet wurden und zum Grund des Mantels abgesunken sind. „Damit liefert unsere Studie auch einen konkreten und quantitativen Mechanismus für den primordialen Ursprung der großen Low-Shear-Velocity-Provinzen im unteren Erdmantel“, konstatieren die Forscher. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2023; doi: 10.1073/pnas.2309181120)
Quelle: Southwest Research Institute, Yale University