Eine Kombitherapie mit antiviralen Medikamenten und der Genschere Crispr/Cas9 könnte möglicherweise HIV-Infizierte heilen. Darauf deuten nun zumindest erste Versuche mit Mäusen hin. Im Experiment senkten die Forscher die Virenlast zunächst mithilfe antiviraler Medikamente. Dann entfernten sie mit der Genschere die Virus-DNA aus den Körperzellen der Tiere. Genau diese in das Genom infizierter Zellen integrierte DNA ist der Grund, warum sich die HI-Viren nach Absetzen gängiger Medikamente sofort wieder vermehren. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, wie groß das Potenzial dieses neuen Ansatzes ist.
Das Aids-Virus grassiert noch immer: Schätzungen zufolge sind rund 37 Millionen Menschen weltweit mit HIV infiziert. Für diese Patienten gibt es inzwischen zwar wirksame Therapien. Doch ein Heilmittel ist bisher noch Zukunftsmusik. Das Problem: Die gängigen antiviralen Aids-Medikamente können die Virenlast im Körper deutlich senken, den Erreger jedoch nicht vollständig eliminieren. „Das HI-Virus integriert seine eigene DNA in das Genom der Immunzellen des Wirts. Es kann so in einer latenten Form überdauern und nach Absetzen der Medikamente sofort reaktiviert werden“, erklären Prasanta Dash von der University of Nebraska in Omaha und seine Kollegen. „Um HIV zu heilen, müssen daher auch alle infizierten Zellen eliminiert oder die provirale DNA aus ihnen entfernt werden.“
Kombitherapie im Test
Aber wie? Die Forscher hatten die Idee, dass dies mit der Genschere Crispr/Cas9 gelingen könnte – dem neuen Präzisionswerkzeug der Gentechniker. Diesen Ansatz testeten sie an HIV-infizierten Mäusen, die dank einer Genmanipulation menschliche T-Zellen besaßen. In einem ersten Schritt wurden die Nager mit speziellen antiviralen Medikamenten behandelt, die ihre Wirkstoffe zeitgesteuert freisetzen und die Vermehrung des Virus für lange Zeit effektiv hemmen können. Auf diese Vorbehandlung folgte dann der Einsatz der Genschere. Sie schnitt die fremde DNA aus den infizierten Zellen heraus und eliminierte dadurch auch die letzten Spuren des Erregers. Dem Team zufolge war es das erste Mal, dass mit diesem Werkzeug HIV-DNA aus den Zellen eines lebenden Tieres entfernt wurde.
Doch wie gut hatte die Behandlung tatsächlich funktioniert? Nach dem Ende der Therapie war das HI-Virus bei immerhin fünf von 13 Mäusen nicht mehr nachweisbar. Auch fünf Wochen später konnte der Erreger weder im Blut, noch im Lymphgewebe oder im Knochenmark der Tiere detektiert werden, wie Dash und sein Team berichten. Und als sie Immunzellen dieser Nager auf nicht infizierte Artgenossen übertrugen, passierte nichts. Mäuse, die nur mit Medikamenten oder nur mit der Genschere behandelt worden waren, hatten den Wissenschaftlern zufolge dagegen weiterhin HI-Viren in messbaren Mengen in ihrem Körper. „Unsere Arbeit zeigt, dass es für eine potenzielle Heilung beides braucht – Crispr/Cas9 und Virusunterdrückung“, konstatiert Mitautor Kamel Khalili von der Temple University in Philadelphia.
„Ein erster wichtiger Schritt“
Noch ist zwar unklar, warum nicht alle Mäuse von der Erkrankung befreit werden konnten – nichtsdestotrotz halten die Forscher ihre Ergebnisse für vielversprechend: „Wir liefern den Beweis, dass eine permanente Viruseliminierung machbar ist. Dies ist ein erster wichtiger Schritt auf einem noch langen Weg.“ Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, wie effektiv und sicher die Methode ist und ob sie eines Tages womöglich auch bei Menschen eingesetzt werden kann. „Wir werden nun Versuche mit nicht-menschlichen Primaten und klinische Studien mit menschlichen Patienten anstreben – möglicherweise bereits innerhalb eines Jahres“, sagt Khalili.