Die Vernetzung des Globus hat inzwischen Ausmaße angenommen, dass man vom Internet als einem neuen digitalen Raum spricht oder gar von der »neuen digitalen Welt«. Neben der gut bekannten physischen Welt mit ihren Gesetzen des Raums, der Zeit, der Gravitation und ihrer sozialen Ordnung hat die Entwicklung des Internets eine neue digitale Welt mit ganz eigenen, noch weitgehend unerforschten Gesetzen entstehen lassen. Eine Spiegelwelt, in der jedes Ding der physischen Welt eine als digitaler Zwilling bezeichnete Hülle bekommt, die das Ding in den digitalen Raum projiziert, ihm dort eine Repräsentanz gibt und es von dort aus auch in der physischen Welt manipulierbar macht. Wie genau diese Spiegelwelt mit der physischen Welt verwoben ist, muss noch geklärt werden.
Wir leben in dieser aufregenden Zeit, in der diese neue Welt sich zu entfalten beginnt, sind Entdeckergeneration und Gestalter zugleich. Es gilt, eine neue digitale Welt zu entwickeln, zu beleben, zu erforschen und zu kolonisieren. Und man kann dem auch ein Anfangsdatum geben: 50 Jahre ist es alt, das Internet.
Heute gibt es kaum eine technologische Innovation, die nicht auf das Internet als Basis aufsetzt. Die neue Welt des Internets und des World Wide Web bildet die Grundlage für Millionen von Anwendungen, die wir täglich im beruflichen Alltag, im gesellschaftlichen Leben und in der Freizeit nutzen. Forscher wie Vincent Cerf, Robert Kahn, Tim Berners-Lee und hochinnovative Digitalunternehmen haben es geschafft, dass wir heute über wenige intuitive Mausklicks das Netz verwenden können, während die immer komplexeren technischen Mechanismen, die all dies ermöglichen, vollkommen in den Hintergrund treten.
Die Einfachheit der Nutzung verdeckt aber zugleich, wie wenig wir davon verstehen, wie Internet und WWW wirklich funktionieren. Mit einem Smartphone kann heute fast jeder umgehen, und es entsteht leicht der Eindruck, wir stünden mit der digitalen Welt voll auf Du und Du, könnten unbeeindruckt von der rasanten Entwicklung dieser neuen Welt einfach weiterleben wie bisher – nur eben um einige technische Gimmicks reicher. Es verwundert schon, dass diese tief greifenden Veränderungen kaum große gesellschaftliche Debatten angestoßen haben. Trotz ihres ganz grundsätzlichen Einflusses auf unser Leben und Arbeiten bleiben sie ohne nennenswerten Nachhall, abgesehen einmal von so grunddummen Einwürfen wie »Digital macht dement«.
Wem könnte man es aber verübeln? In gewisser Weise leben wir in einem voraufgeklärten Stadium, sehen Seemonster und orientieren uns an Mythen, um diese neue Welt zu erklären. Das spiegelt sich auch in der langweiligen politischen Sprache zur Digitalisierung wider und den weit verbreiteten Beharrungskräften: »Augen zu, wird schon wieder!« Was wir brauchen, ist eine echte digitale Aufklärung, um uns auch in dieser neuen fremden Welt selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu bewegen und diese menschenfreundlich mitgestalten zu können. Der Schlüssel dazu ist ein zumindest grobes technisches Grundverständnis, wie Internet und WWW überhaupt funktionieren.
Internet und Web werden oft als Synonyme verwendet. Das ist jedoch nicht richtig. Denn das Internet kann in gewisser Weise als die Hardware des WWW verstanden werden. Zunächst einmal ist es nichts weiter als ein globaler Verbund von Rechnernetzen. Dieses Netz der Netze verknüpft Einzelrechner und Smartphones, Firmennetze, Wissenschaftsnetze, militärische Netze sowie Netze kommunaler und überregionaler Betreiber. Diese wiederum können dabei ganz unterschiedliche Trägermedien nutzen wie Kupfer, Glasfaser oder Funkwellen und auch von inkompatiblen Netzbetriebssystemen gesteuert werden. Der vermittels der Internetprotokolle als einheitliches Netz erscheinende Verbund dieser ganz unterschiedlichen Netze, das ist das Internet – die Grundlage der neuen digitalen Welt.
Ein Erfolgsfaktor für den rasanten Aufschwung des Internets war sicher seine offene Systemarchitektur, die es jedem ermöglicht hat, sich mit einem Rechner oder Smartphone anzuschließen, neue Anwendungen zu entwickeln und auch anderen zur Verfügung zu stellen. Wer die Funktionsweise des Internets versteht, der kann am Aufbau der digitalen Welt mitwirken und diese aktiv gestalten und weiterentwickeln. Wurden 1969 in den USA erstmals vier Rechner zu einem Versuchsnetz zusammengeschlossen, sind es heute Hunderte von Millionen verbundene Rechner. Dank einer Vielzahl von Technologien, die unter dem Begriff »Internetworking« zusammengefasst werden, erscheinen sie uns als einheitliches Gebilde.
Das World Wide Web ist dagegen, vereinfacht gesagt, die Software des Internets. Es ist ein System zur Bereitstellung und Verwaltung jenes unvorstellbar riesigen und rasant wachsenden Datenlagers, das aus elektronischen Text-, Bild-, Ton- und Video-Dokumenten besteht, die untereinander verlinkt werden können. Daneben bietet das Web Zugang zu einer ebenfalls riesigen und rasant wachsenden Zahl von Anwendungen sowie On- und Offlinediensten, die über das Internet genutzt werden können. Die über das weltumspannende Web verfügbaren so genannten Hypertext- beziehungsweise Hypermedia-Dokumente – oder einfach: Webseiten – und die über das Web angebotenen Dienste konstituieren die neue virtuelle Welt.
Zugang zu ihr bieten die Webbrowser, die auf den mit dem Internet verbundenen Geräten installiert sein müssen. Spätestens seit 1993, seit es für diese Webbrowser grafische Nutzer-Interfaces gibt, ist es wirklich jeder und jedem möglich, im WWW über einfache Mausbewegungen und Klicks zu navigieren, Webseiten anzufordern und sichtbar zu machen sowie mit den über das Internet verfügbaren Anwendungen und Diensten zu interagieren. Webbrowser sind so die Schnittstelle oder prosaischer die Fenster und Türen zur digitalen Welt.
Im weiteren Verlauf unseres »Web-Tutorials« wird es um die unterschiedlichen Internettechnologien, Kommunikationsprotokolle, Webinhalte und -anwendungen gehen, die ihren Anteil an der Entstehung der uns immer stärker umgebenden digitalen Welt haben. Mit einem besseren Verständnis dieser neuen Technologien wird es gelingen, dieses Neuland zu erschließen und digital aufgeklärt an seiner Ausgestaltung mitzuwirken.