Die Soziologie ist so vielfältig wie die soziale Welt und das soziale Leben, mit denen sie sich wissenschaftlich beschäftigt. Sie interessiert sich für die Strukturbildungen, die das gesellschaftliche Zusammenleben prägen – vom Staat bis zur Wirtschaft, vom Recht bis zur Religion. Sie fragt ebenso nach den Handlungsorientierungen, die Menschen in ihrer alltäglichen Lebenspraxis und im Umgang mit anderen Menschen entwickeln: Gesetzesgehorsam und Gerechtigkeitssinn, Liebe und Eigennutz. Die Soziologie befasst sich mit Fragen sozialer Ungleichheit (wer hat wieviel und warum?) und der Herstellung gesellschaftlicher Selbstverständlichkeiten (was ist sozial akzeptiert und was nicht?). Sie untersucht die verschiedenartigsten Formen, in denen Menschen sich vergesellschaften: Paare und Familien, Parteien und Betriebe, Städte und Nationen, Webcommunities und Generationen, Kegelvereine und Militärverbände. Sie analysiert gesellschaftliche Veränderungsprozesse – sei es den demographischen oder den Klimawandel – und sucht die sozialen Mechanismen derselben, ihre Voraussetzungen und ihre Konsequenzen zu bestimmen; deswegen gehören auch soziale Interaktionsformen wie Konflikte und Kriege, Konkurrenz und Solidarität zu ihren Gegenständen. Und all das ist nur ein kleiner Ausschnitt ihres außerordentlich reichhaltigen Themenkatalogs – der sich im Zeichen des sozialen Wandels selbst beständig wandelt.
Die Soziologie, dies sollte mit Blick auf ihren Gegenstandsbereich schon deutlich geworden sein, ist eine empirische Wissenschaft: Sie beobachtet die soziale Welt und das soziale Leben und sammelt Daten, um deren Strukturen und Entwicklungen verstehen zu können. Diese Daten werden nicht im Labor erhoben, sondern in der sozialen Welt und im sozialen Leben selbst, auf methodisch gesicherte und nachvollziehbare Weise: Soziologisches Wissen stützt sich auf Sozialstatistiken und standardisierte Befragungen, auf Interviews und Feldforschung, auf Dokumenten- und Diskursanalysen. Solch empirische Arbeit ist jedoch stets theoretisch informiert und angeleitet – ihr gehen systematische Überlegungen zu möglichen Zusammenhängen und Erklärungsmustern des Untersuchten voraus. Zugleich aber zielt die empirische Arbeit nicht nur auf die Überprüfung von Theorien, sondern auch auf deren stetige Weiterentwicklung – oder aber darauf, erst aus dem empirischen Wissen heraus überhaupt theoretische Begriffe und Konzepte des Sozialen entwickeln zu können.
Für all das Gesagte gilt allerdings einschränkend ein (nur leicht übertreibender) Merksatz: Es gibt so viele Vorstellungen von der Soziologie, wie es Soziologinnen und Soziologen gibt. Am besten wird es daher sein, sich sein eigenes Bild zu machen – von der Soziologie wie von den gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen wir aufwachsen und uns austauschen, leben und (im Idealfall) leben lassen, arbeiten und konsumieren. Und – hoffentlich – Soziologie studieren.