Wirkung von „konzentrationsfördernder“ Musik auf Stimmung und Leistung untersucht
Richtig im Flow: Speziell zusammengestellte Playlists sollen die Konzentration fördern und die Leistungen beim Arbeiten verbessern. Doch was ist dran an dieser „Deep Focus“ oder „Work Flow“ titulierten Musik? Das haben Forschenden nun in einem Experiment überprüft. Es zeigte sich: Bestimmte Musikstücke können tatsächlich die Stimmung heben und das Arbeiten beschleunigen. Allerdings kommt es dabei auf spezielle musikalische Merkmale an, wie das Team in „PLoS ONE“ berichtet.
Musik beeinflusst nicht nur unsere Stimmung und Emotionen, sie kann auch unser Denken, Fühlen und sogar unsere Gesundheit beeinflussen. Strittig ist jedoch, ob Musik auch beim Lernen und Denken hilft. So wurde der „Mozart-Effekt“, nach dem frühes Musizieren die geistigen Leistungen stärken soll, durch einige Studien widerlegt. Andere zeigten dagegen, dass Schulkinder, die ein Instrument spielen, in vielen Fächern sehr wohl besser abschneiden als nicht musizierende Gleichaltrige.
Kann Musik die Konzentration fördern?
Ebenfalls strittig ist, ob auch das Musikhören unsere Konzentration und unsere geistigen Leistungen fördern kann. Verschiedene Apps und Streamingplattformen bieten entsprechende „Work Flow“ oder „Deep Focus“ benannte Playlists an. Ob diese Musik tatsächlich unsere Leistungen bei mentalen Aufgaben verbessert, hat nun ein Forschungsteam um Joan Orpella von der Georgetown University in Washington DC analysiert.
Für ihre Studie führten die Forschenden eine Onlineumfrage durch, bei der die Testpersonen den sogenannten „Flanker-Test“ absolvierten, während sie einer von vier verschiedenen Hörsituationen ausgesetzt waren. Der Flanker-Test untersucht, wie gut Menschen irrelevante Ablenkungen ausblenden und ihre Aufmerksamkeit auf eine zentrale Aufgabe richten können. Dazu müssen sie die Richtung eines zentralen Pfeils erkennen, während benachbarte Symbole entweder in die gleiche oder eine abweichende Richtung zeigen.
„Work Flow“- und „Deep Focus“-Playlists im Test
Während des Tests spielten die Forschenden als „Work Flow“ betitelte Musik einer Musiktherapie App, eine „Deep Focus“-Playlist eines Streamingdienstes, Popmusik oder Geräusche aus dem Arbeitsalltag in einem Büro ab. Vor und nach dem Konzentrationstest machten die Testpersonen auch Angaben dazu, wie stark sie bestimmte positive und negative Emotionen fühlten.
„Die von uns getestete ‚Work Flow‘-Musik zeichnete sich durch einen prägnanten Rhythmus, eine einfache Tonalität, eine breit verteilte Klangenergie unterhalb von rund 6.000 Hertz und eine mäßige Dynamik aus“, berichtet das Forschungsteam. „Im Gegensatz dazu war die von uns getestete ‚Deep Focus‘-Musik minimalistischer gestaltet. Sie hatte zwar ebenfalls eine einfache Tonalität, aber einen schwächeren Rhythmus, eine geringere und stärker begrenzte Klangenergie sowie eine zurückhaltendere Dynamik.“
„Work Flow“-Musik macht glücklicher…
Zunächst werteten Orpella und ihr Team den Einfluss der Hörsituationen auf die Stimmung der Probanden aus: Bei Testpersonen, die „Work Flow“-Musik hörten, verbesserte sich die Stimmung im Vergleich zu den drei anderen Hörsituationen signifikant. Dies war bei 76 Prozent der „Work Flow“-Hörer, aber nur bei 44 Prozent der „Deep Focus“-Hörer der Fall. Hörten die Probanden während des Tests Popmusik oder eine Geräuschkulisse eines Büros, verbesserte sich ihre Stimmung nur in etwa 36 Prozent der Fälle.
Diese Veränderungen waren unabhängig davon, wie die Stimmung der Probanden vor dem Test war: „Die Tests zeigten keine signifikanten Wechselwirkungen zwischen Hörsituation und Angst, Depression und Stress, was darauf hindeutet, dass die hier beobachteten positiven Auswirkungen der ‚Work Flow‘-Musik auf die Stimmung robust gegenüber individuellen Variationen im Grundniveau von Depression, Angst und Stress sind“, berichtet das Forschungsteam.
…und schneller
Die entscheidende Frage war jedoch, ob die entsprechenden Playlists auch die Konzentration und geistigen Leistungen positiv beeinflussen können. Hier ergaben die Auswertungen: Die „Work Flow“-Musik verbesserte zwar nicht das Abschneiden während des Flanker-Tests, machte die Testpersonen aber schneller. Sie konnten dadurch die Aufgaben in kürzerer Zeit lösen. Die anderen drei Hörsituationen, darunter auch die Deep Focus-Playlist, hatten diesen positiven Effekt hingegen nicht.
Als Grund für diese verbesserte Leistung sehen Orpella und ihr Team eine Kombination aus anregender und stimmungsaufhellender Wirkung der Musik. „Die Ergebnisse stimmen gut mit der Arousal-Mood-Theorie überein“, erklären sie. Diese könnte auch erklären, warum nur die Work-Flow-Musik positiv auf Konzentration und geistige Leistungen wirkte: „Die Deep-Focus-Tracks waren angenehm, aber nicht anregend, die Popsongs waren anregend, aber nicht durchgehend stimmungsaufhellend“, berichtet das Team.
„Effektive und erschwingliche Strategien“
Nach Ansicht der Forschenden demonstrieren ihre Resultate, dass nicht jede als konzentrationsfördernd vermarktete Musik dies auch ist. Stattdessen kommt es darauf an, dass die Stücke die richtigen musikalischen Merkmale aufweisen. „Damit liefert unsere Arbeit der breiten Bevölkerung effektive und erschwingliche Strategien, um Stimmung und Leistung bei emotional und physisch anstrengenden Routinearbeiten zu verbessern“, schreiben Orpella und ihre Kollegen.
Interessant auch: Personen mit höherer Ängstlichkeit konnten dank der Work-Flow-Musik ebenfalls schneller antworten, obwohl Angst normalerweise die Reaktionsgeschwindigkeit verlangsamt. „Dies deutet darauf hin, dass ‚Work Flow‘-Musik für Menschen nützlich sein kann, die aufgrund starker Angstzustände ihre Konzentration verlieren“, erklärt das Team. (PLOS ONE, 2025; doi: 10.1371/journal.pone.0316047)
Quelle: PLOS